Deutsche Bands und ihre besten Songs: Can – „Aumgn“

Aus der Reihe „Pop in Deutschland“: 111 Bands und ihre besten Songs. Jens Balzer erklärt, warum „Aumgm“ von Can einer davon ist.

Sie lernten ihn 1970 in einer Fußgängerzone in München kennen: Vor dem Club Blow Up, in dem sie mit ihrer Band Can ein Konzert geben wollten, trafen Holger Czukay und Jaki Liebezeit einen japanischen Gammler namens Damo Suzuki, der gerade ein Straßenkonzert absolvierte – vielleicht aber auch nur ein paar Mantren und rituelle Beschwörungen murmelte. Holger Czukay ging sofort auf ihn zu und bat ihn, am Abend mit Can aufzutreten. Mit Erfolg: Wegen seines unkontrollierbaren Verhaltens kam es im Publikum zu einer Schlägerei; von diesem Konzert an arbeiteten Can und Suzuki drei Jahre lang miteinander. „Tago Mago“ heißt die dritte Platte, 1971 erschienen; die beiden eindrucksvollsten Stücke darauf sind die jeweils um die 18 Minuten langen „Halleluhwah“ und „ Aumgn“. „Halleluhwah“ erinnert in seiner repetitiven Struktur noch an frühe Can-Werke wie „You Doo Right“, mit der unermüdlich wiederholten Basslinie von Czukay, dem stoisch dahinstolpernden Schlagzeug von Liebezeit und den hineingesägten Gitarren- und Geigengeräuschen von Irmin Schmidt und Michael Karoli.

Das Irrste der deutschen Rockmusik

Bei „Aumgn“ bricht die Songstruktur dann aber völlig zusammen: Minutenlang gurgelt und röchelt Suzuki nur noch das Aumgn-Mantra des satanistischen Hohepriesters Aleister Crowley. In manchen Momenten hat man das Gefühl, das Mikrofon sitze ihm direkt im Magensack oder in der Luftröhre – was wiederum an der kunstvollen Weise liegt, mit der Holger Czukay die spontan improvisierten Geräusche im Nachhinein zerschneidet und wieder zusammenfügt. Wie diese vier Musiker mit allen freien Kräften, die sie aufbieten können, gegen die Geister kämpfen, die sie gerufen haben – das gehört zum Aufregendsten und Irrsten, was es in der deutschen Rockmusik überhaupt zu hören gibt.

 

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