Die Alternative zum Ende

Neun Jahre lang hat der amerikanische Songwriter Brendan Benson seine Alben im Alleingang produziert. Damit soll nun Schluß sein.

Komische Karriere. Drei Platten in neun Jahren. Darunter ein in der Bio als „mythologisch“ verklärtes Debüt, „One Mississippi“, das schon seinen Rerelease erleben durfte, nachdem das zweite Album, „Lapako“, die Lauscher flächendeckend aufgestellt hatte. Einen Maniac wie Ryan Adams hätte das in den Wahnsinn getrieben – Brendan Benson bringt es öffentlich kaum aus der Fassung. „Yeah“, sagt er. „Yeah! Natürlich hätte ich gerne mehr Platten draußen, aber es sollte halt nicht sein.“ Lange Pause. Dann: „Weiß nicht, ich arbeite halt langsamer. Das ist alles.“ Er lacht, halb verlegen. Dann erzählt er von Dominik, einem Typen aus Detroit, der „die ganze Zeit schreibt“, und klar sei das „cool“, aber: „I just get tired of hearing from him. Ryan Adams? Ich kenne seine Musik nicht, aber ist alles wirklich gut?“ Was im Umkehrschluß nahelegt, das, was Benson bringt, wenn es ihn seine Plattenfirma dann nach zwei Jahren „record Company stuff“ endlich bringen läßt, ist gut. Ist es auch. Nur vielleicht nicht mehr ganz so gut „The Alternative To Love“ klingt wie ein Nachklapp zu „Lapako“, wie ein Endpunkt auch. Tatsächlich prognostiziert Benson das Ende seiner One-Man-Band-Philosophie. Es fehle die Balance, auch die externe Instanz. „Ich will nicht mehr allein arbeiten, denn ich habe das Gefühl, mich dabei unter Wert zu verkaufen. Ich bekomme nicht exakt das, was ich will. Jemand anders könnte mich besser aufnehmen, jemand anders könnte auch besser Schlagzeug spielen. Ich will mich nur noch auf den Song konzentrieren, auf den Gesang, aufs Arrangement. Es ist so schwer, alles auf einmal zu sein. Du kannst nicht experimentieren. Okay, natürlich kannst du das, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Denn es gibt keine anderen Meinungen. Keinen, der einfach mal Tchad Blake könnte das werden, dem Benson liebend gern auch ins neue Domizil in Box/ England folgen würde. Eine naheliegende Wahl, waren ihm doch Sounds immer schon mindestens genauso wichtig wie eine schöne Hookline oder ein guter Zweizeiler. Für „The Alternative To Love“ besorgte Blake immerhin schon mal die Abmischung.

Was in seinem Fall immer mehr ist als ein klassischer Mix. Benson: „Ich vertraute ihm total und sagte: Mach, was du willst damit. Ich wollte, dass er der Platte mehr Raum gibt, für mich war sie zu dicht, ich hatte gehofft, er würde Dinge herausnehmen. Das hat er zwar nicht getan, aber doch viele Kleinigkeiten verändert.“

Brendan Benson ist ja ohnehin nicht der klassische Loner, der in sein Bier weint, wenn es gerade mal wieder nicht so richtig vorangeht mit der eigenen Karriere. Lieber spielt er dann mit den Stiff Tissues oder er produziert daheim im Le Grand-Studio die Greenhorns aus Cincinnati. Und dann ist da ja auch noch das gemeinsame Album mit Jack White. Ja, es ist fertig, wird gerade gemixt. Klingt toll. Eine richtige Co-Produktion bei jedem Song. Wir haben noch keinen Titel. Vielleicht ,The Raconteurs‘, das ist Storyteller auf französisch. War seine Idee.“

Aus dem Belle Isle-Viertel in Detroit könnte ihn wohl nur noch die große Liebe weglocken. „Es ist billig und familiär.“ Manchmal schon etwas zu familiär. „In mein Studio schneien jetzt ständig Leute rein und wollen aufnehmen. Da werde ich schon mal wütend und sage: Hey, jetzt bin ich dran! Ich hab Ideen, ich will spielen! So gesehen ist es nicht so fulfilling.“ Wartet die wahre Erfüllung nicht ohnehin auf der Bühne? Bei „Folk Singer“, ausgerechnet, hat Brendan Benson an diesem Abend in der Hamburger Weltbühne seinen Elvis-Moment. Die Gitarre rutscht auf dem neuen, teuren Pulli. Benson streift das Teil über seinen Kopf, für zwei, drei Sekunden blitzen Nabel und Bauchmuskeln. Schöne junge Frauen, von denen nicht wenige zugegen sind, schreien nicht gleich. Nein, aber sie schlucken und genießen.

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