Die bittere Pille – Zu radikal: Fishbone bleiben immer noch die Top Ten verwehrt

Dem Notebook fehlt jede Energie. Letzte Nacht lief es zu lange, und jetzt ist Angelo Moore in Panik. Wer besorgt ihm einen Adapter für die Steckdose? Warum kann er sich nicht selbst darum kümmern? Weil, so die Promoterin, er nun über das neue Fishbone-Album „The Familyhood Nextperience Presents The Psychotic Friends Nuttwerx“ sprechen muss. Den Titel kann der Sänger allerdings auch kaum aussprechen, und statt selbst zu erzählen hört er lieber zu, wenn Walter Kibby II seine Thesen ausbreitet. Der Trompeter beklagt, dass sich das Rad der Geschichte so rasant dreht: „So viele Bands kommen und gehen schneller, als man gucken kann. Wir sind immer geblieben, haben uns nie in eine Richtung drängen lassen – und die Kollegen, die kurzzeitig an uns vorbei zogen, hatten nicht unser Durchhaltevermögen.“ Stolz ist Kibby vor allem darauf, dass Fishbone nicht nur in ihrer Heimatstadt L.A. als die Crossover-Pioniere gelten, die Faith No More und andere erst möglich gemacht haben. „Neuerdings geben immer mehr Bands zu, dass sie von uns beeinflusst wurden. Das tut gut. Aber ich möchte langsam auch mal ein paar Milliönchen verdienen!“ Einige Kollegen wollen nun nachhelfen: Auf dem neuen Werk sind Perry Farrell, die Chili Peppers, Gwen Stefani und gar Donny Osmond zu Gast. „Wenn man so lange im Geschäft ist, kennt man halt viele Leute.“

Seit 20 Jahren verquicken Fishbone Rock und Funk mit Ska und Metal. Ihre politische Radikalität stand dem großen Erfolg allerdings immer im Weg. Musiker, die Riots für „eine prima Sache“ halten, haben laut Moore eben einen schweren Stand: „Amerika ist so rassistisch, dass es uns nie eine Chance gab. Schwarze, die weiße Musik, nämlich Rock’n’Roll, machen – das ist ein No-No. Wenn man dann noch eine Meinung zur Politik hat, ist es vorbei.“ Kibby stimmt zu. Songs wie „AIDS & Armageddon“ will nun mal nicht jeder hören: „Wir servieren den Leuten wohl eine zu bittere Pille. Wenn du den Menschen sagst, wie die Lage wirklich ist, kriegen sie Angst. Rassismus, Schmerzen, Hoffnungslosigkeit- das ist kein Top-Ten-Stoff“

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