Die Old School der neuen deutschen Popmusik: The Jeremy Days

Die Leichtigkeit des Seins: Dirk Darmstaedter scheint davon an jedem Morgen eine besonders große Portion zu verfrühstücken. Nichts Zynisches oder Zorniges ist am Sänger der Jeremy Days. Ein gewisses Durchsetzungsvermögen dagegen kann man ihn nicht absprechen: Auch in mageren Zeiten hielten er und CoSongwriter Christoph Kaiser unbeirrbar am Stil ihrer Musik fest.

Am Anfang des Jahrzehnts war Pop angeblich tot; auf englisch zu singen wirkte konterprogressiv. Was sehnsuchtsvoll und fröhlich klang, wurde plötzlich als banal gebrandmarkt. Per Definition von Dave Stewart jedoch – eines Mannes also, der es wissen muß – ist Pop der Musikzweig, der sich im Gegensatz zu Rock seiner femininen Aura bewußt ist Und es ist tatsächlich ein mädchenhaftes Element, das den Sound der Hamburger beherrscht War es also Sexismus, der den Jeremy Days-Beat als unschicklich altmodisch tabuisierte?

Egal, denn mittlerweile boomt der neue deutsche Pop. Und auch im Zuge der wiedererstarkten britischen Szene scheint der erbarmungslose Zeitgeist zur Abwechslung einmal zugunsten der Band zu arbeiten. So werden Gene, Englands dernier cri in Sachen Smiths-Adaption, auf der Tournee der Jeremy Days einige Konzerte als support ad bestreiten. Das neue Album „Punk By Numbers“ zeigt, woran sich die nachgewachsene Konkurrenz des Genres hierzulande orientieren muß. In einem Wiener Studio in ungewöhnlich kurzer Zeit live eingespielt und vom frühen Weggefährten Clive Langer produziert, enthält es alle Stil-Elemente, die gute Drei-Minuten-Songs auf Gitarren-Basis ausmachen. Lediglich in personeller Hinsicht offenbart sich ein Bruch mit der eigenen Kontinuität: Nach knapp acht Jahren hat Drummer Stefan Rager die Band in Freundschaft verlassen, um sich eigenen Projekten zu widmen.

Verständlich, daß sich der ab bekennender Feminist und Fashion-Verweigerer geoutete Darmstaedter nicht auf den Trend-Zug schnallen lassen will: „Wir haben es gar nicht nötig, uns an den Hype um Oasis und Blur zu hängen. Schließlich machen wir diese Art von Musik schon seit Jahren. Wir stehen für etwas. Daß wir damit plötzlich wieder cool sind, ist okay. Aber eigentlich waren wir vor drei Jahren nicht weniger cool.“

Als stabile Größe sind sie auch dem Publikum in Erinnerung geblieben. Immer noch sind die Jeremy Days die deutsche Pop-Band. Nahezu jeder kennt wenigstens ihren Namen, auch den frühen Hit „Brand New Toy“ von 1989 – obwohl die Band diesen Erfolg nie wiederholen konnte. Sie ist der Rammbock gewesen, der es den Kollegen von Selig und Fury In The Slaughterhouse erst ermöglichte, auf MTV gedudelt zu werden – ob sie es verdient hatten hatten oder nicht Und wenn die Mode den neuerlichen Erfolg der Jeremy Days erlaubt, dann haben sie das nur verdient. Leicht.

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