Die Suche nach sich

Pete Astor präsentiert den Zwischenstand seiner Ich Findung mit The Wisdom Of Harry

Pete Astor ist ein Meister der Mimikry: Immer da gewesen im britischen Post-Pistols-Pop, aber nie wissenschaftlich belegbar. Als in London die Smiths und der Anorak schick wurden, da spielte Astors Band The Loft im Club des jungen Creation Label-Gründers Alan McGee. Überliefert davon sind nur zwei schimmernde Creation-Singles; im offiziell ausgerufenen Gitarrensommer 1986 schlich Astor nämlich bereits mit den Weather Prophets durch herbstliche Hinterhöfe und coverte seine eigenen alten Originale. Heute erzählt er, dass es ihm bald ziemlich gestunken habe, aus beruflichen Gründen immer ein bisschen traurig zu sein. Schon war er wieder weg, alle Spuren verwischt.

Ab und zu tauchte er kurz auf in den Neunzigern, mit Soloplatten auf französischen, amerikanischen und englischen Schuhkarton-Labels. Jetzt hat er einen Vertrag bei Matador (Heimat von Pavement und Yo La Tengo) und kann als The Wisdom Of Harry den gültigen Zwischenstand der musikalischen Ich-Findung präsentieren: Die Technologie hat ihn gerettet, da ging es ihm wie den alten Spielgefährten Primal Scream und Lawrence Felt. „Leute, die mich gut kennen, haben bei den früheren Sachen immer gesagt: ,Das klingt nun überhaupt nicht nach dir!“ meint Astor. „Seit ich mit dem Sampler arbeite, ist das anders.“ Weil er an allem so lange drehen kann, bis er glücklich ist. Es sei schließlich eine arbeitsintensive Herausforderung, zeitgemäßen Pop zu machen, die Boys mit den Gitarren hätten davor schlicht Schiss.

Leicht macht Pete Astor es sich echt nicht, viele der bröckeligen Rhythmen und spukigen Keyboards auf dem ersten richtigen Harry-Album „House Of Binary“ erinnern sogar an die spinnerten Residente. Am Schluss monologisiert er ganz wie sein Jugend-Idol Lou Reed, nimmt Wörter wie Vergebung und Schicksal in den Mund und munkelt im Themensong „The Wisdom“, dass er die ausgeräumte Wohnung auf Zehenspitzen verlassen wird, damit ja keine Fußabdrücke bleiben. Das ist die Weisheit. Wer Harry ist, kann man nur vermuten.

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