Eine Feier des Hip Hop – das war das „Unreleased Festival“ 2025
Ein starkes Lineup und eine begeisterungsfähige Crowd – das „Unreleased Festival“ war ein guter Tag für Hip Hop.
Größen der Deutschrap-Szene sind auf wenigen Quadratmetern versammelt, unveröffentlichte Schätze aus dem geheimen Repertoire deiner Lieblingskünstler schallen aus den Lautsprechern, das Lineup ist so top secret wie die Songs, die gespielt werden, und kein einziger Handydisplay blockiert die Sicht in der tanzenden Menge – was klingt wie ein Fiebertraum eines jeden HipHop-Fans, ist in Berlin Realität geworden.
Wer das „Unreleased“-Format bereits von seinen monatlichen Sessions im Festsaal Kreuzberg kennt, weiß, dass die Veranstalter der HipHop-Reihe immer für Überraschungen gut sind. Nun hat „Unreleased“ gezeigt, dass es Überraschungen auch auf ganz großer Bühne bieten kann. Am Samstag, den 20. September, hat in Berlin zum ersten Mal das „Unreleased Festival“ stattgefunden – und mit einem Lineup vorher geheimer Acts eine Feier des HipHop geboten, der es gelang, genau das zu verkörpern, wofür das Genre steht: ein Hand in Hand neuer und alter Generationen, einen Sinn für experimentellen, rebellischen Klang und ein von der Begeisterung für Musik geeintes Gemeinschaftsgefühl der Fans.
Die HipHop-Götter waren den Festival-Veranstaltern und ihren Fans auf dem Gelände des Revier Südost in Berlin-Schöneweide in der Tat gnädig: Bei perfektem Sonnenschein zeigte sich der Spätsommer noch einmal von seiner goldenen Seite, als sich hunderte junge Menschen vor der Bühne auf dem alten Industriegelände versammelten – wie geschaffen für einen Tag des Hip Hop. Ab 14 Uhr waren nicht nur etablierte Rapkünstler:innen, sondern auch spannende Newcomer:innen der Szene auf der Bühne zu sehen, die neben altbekannten Hits auch bisher unveröffentlichte Songs spielten.
WizTheMc, Yung Saint Paul und Sampagne feuern die Menge an
Den Auftakt machte der Singer-Songwriter Jonny Mahoro mit seinem swingigen Sound aus RnB, Indie und Pop, gefolgt von der Schweizer Newcomerin Nayla, die, wie sie selbst sagte, auf dem „Unreleased Festival“ eine ihrer ersten größeren Shows performte und trotz eigener Aufregung die Crowd mit ihrem soften Rap und mit Sympathie überzeugen konnte. Besonderen Jubel konnte die in München geborene Rapperin Rua absahnen, die mit knallharten Lines und einem dynamischen Auftritt die Herzen der Crowd gewann. Damit war der Frankfurter Rapper Haaland direkt in guter Gesellschaft, der mit seinen nur 19 Jahren im Stil von französischen Rap einen Flow ablieferte, der viele an Apache 207 erinnerte.
Auf ihn folgte der in Kapstadt geborene deutsch-südafrikanische Rapper und Songwriter WizTheMc, der im Frühjahr dieses Jahres mit dem Song „Show Me Love“ die Charts sprengte – und die „Unreleased“-Crowd am Samstag ebenso. Wie oft bekommt man schon den in Lüneburg aufgewachsenen Künstler, der inzwischen 30 Millionen Streams auf sich vereint und unlängst mit Tyla beim Coachella-Festival auftrat, so hautnah und ungefiltert zu sehen? Höhepunkt des ersten Blocks war schließlich Yung Saint Paul, der mit seiner energiegeladenen Performance die Leute zum Tanzen brachte, seinen Kollegen Sampagne auf die Bühne holte und unter anderem seinen Hit „Wunderschön“ spielte. Im Gespräch mit dem ROLLING STONE kündigte Yung Saint Paul dann eine Gemeinschafts-EP mit Sampagne an, auf die sich Fans in den kommenden Monaten freuen dürfen.
Handyfrei und mit guter Stimmung
Apropros „wunderschön“ – sehen lassen konnten sich nicht nur die Performances der Künstler:innen, sondern auch die Stimmung unter den Besucher:innen, die jedem Künstler:innen Respekt und Unterstützung zeigten und selbst unreleaste Songs mit der selben Energie feierten wie virale Hits. Dafür sorgte nicht zuletzt das Aufnahmeverbot der Festivalveranstalter. Sämtliche Handykameras wurden am Eingang abgeklebt – die Folge: ein fast handyfreies Festivalgelände und Besucher:innen, die allesamt und gemeinsam, anstatt während jeder Performances ihre Handys in die Höhe zu halten, den Moment genießen konnten. Das Festival bot zudem neben Essens- und Getränkemöglichkeiten verschiedenste Gelegenheiten, das Festival auch abseits der Bühne zu genießen, darunter Stände von Tattookünstler:innen, für Tooth Gems oder Grillz.
Den zweiten Block des Festivals führte der Hamburger Rapper Ansu an – unterstützt vom Vokalensemble „A Song For You“, das gemeinsam mit dem Rapper eine emotionale und künstlerisch tiefgängige Performance ablieferten. Zum Mitsingen brachte die Menge dann die österreichische Popsängerin Esther Graf, die mit ihren leichtherzigen Pop-Melodien gute Laune und Leichtigkeit in das sonst von Hip Hop geleitete Set einbrachte.
Sie kann es zu Großem bringen: Lady Giiu
Die größte Überraschung des Blocks war aber ohne Zweifel die Frankfurter Rapperin Lady Giiu, die offiziell zwar erst einen einzigen Song veröffentlicht hat – und die Crowd dennoch mit „Unterwegs Frankfurt am Main“ und unreleasten Songs mit offenen Mündern zurückließ. Auf einen emotionalen, ruhigeren Auftritt von t-low und eine Einlage von Zara folgte dann eine hochkarätige Performance von Tom Hengst, der die Berliner Sängerin Ellice mit auf die Bühne holte.
Und bei einbrechender Dunkelheit, die das Revier Südost in eine passend geheimnisvolle Atmosphäre tauchte, folgte schließlich der dritte und letzte Block des Festivals, der unter anderem den größten, bislang geheimen Main Act zu bieten hatte Doch eines nach dem anderen. Zunächst lieferte der bekannte Berliner Rapper und Produzent Megaloh eine energetische Performance ab, gefolgt von Yasola und Die P. Im Mittelpunkt standen dann Fouza und die Kasseler Rapperin Calli, die mitreißende Hooks und scharfe Lines präsentierte.
Der Höhepunkt des Festivals: Celo & Abdi höchstpersönlich
Und zum krönenden Abschluss des Festivals, darin waren sich alle einig, traten keine anderen als die Deutschrap-Ikonen Celo & Abdi auf die Bühne. Das Frankfurter Rap-Duo macht seit 16 Jahren Musik – und konnte im Gegensatz zu so manchen Newcomer:innen des Festivals aus einem reichen Repertoire an Hits schöpfen. Und dennoch, das konnte der ROLLING STONE in Erfahrung bringen, haben Celo & Abdi noch lange nicht den Stift niedergelegt: Fans dürfen sich im kommenden Jahr auf ein neues Album freuen, sagen die Rapper hinter vorgehaltener Hand.
Dass die zwei Frankfurter mit ihren knallharten Versen und rauhen Beats immer noch den Zahn der Zeit treffen, zeigte nicht zuletzt die Ekstase der Festivalbesucher:innen zum Abschluss des Acts. Songs wie „Besuchtstag“ brachten die Menge zum Kochen; ebenso ein Track mit Nizi19, den die Frankfurter kurzerhand auf die Bühne holten. Celo & Abdi waren die schönste und beste Überraschung des „Unreleased Festivals“, das die tobende Menge am späten Abend mit einem Feuerwerk aus dem Revier Südost verabschiedete.
„Unreleased“, das hat das Festival einmal mehr bewiesen, ist ein Meister des Erstaunens. Und was es in den nächsten Monaten und Jahren zu bieten hat, davon können sich Berliner HipHop-Fans getrost überraschen lassen.
Das war das Lineup des „Unreleased Festivals“ 2025
- Jonny Mahoro
- Nayla
- Rua
- Haaland936
- WizTheMc
- Yung Saint Paul + Sampagne
- Ansu
- A Song for You
- Esther Graf
- Lady Giiu
- t-low
- Zara
- Tom Hengst + Ellice
- Megaloh
- Yasola
- Die P + MP FRESHLY
- Fouza
- Calli
- Celo & Abdi + Nizi19