Elton John: Ein Geburtstag der Nüchternheit

Der lange Abschied vom Rausch. 35 Jahre Abstinenz sind es wert, gebührend gefeiert zu werden.

ROLLING STONE Badge
Empfehlungen der Redaktion

Mit einem Blumenbouquet und handgemachten Grußkarten seiner Söhne Elijah und Zachary hat Sir Elton John am Donnerstag (31. Juli) ein Jubiläum gefeiert, das im Musikgeschäft eher selten begangen wird: 35 Jahre Abstinenz. Null Alkohol, keine Drogen.

Der 78-Jährige hielt den „cleanen“ Jahrestag in einem Instagram-Schnappschuss fest. „Ich bin dankbar für all die Liebe an meinem Geburtstag der Nüchternheit“, so sein Bekenntnis, das Tausende von Kommentaren von Fans und Freunden erhielt. Er hat über die Jahre stets offen über die Tiefen seiner Sucht gesprochen und wiederholt betont, dass er sein Leben nach dem stabilen Abstinenz-Zustand noch einmal neu gelebt hätte.

Elton John: Was ihn dazu bewegte, nüchtern zu werden

Der Wendepunkt für ihn kam nach dem Tod von Ryan White im Jahr 1990, einem jugendlichen AIDS-Aktivisten, mit dem er befreundet war. Im selben Jahr, am 29. Juli, ließ sich John in das Parkside Lutheran Hospital in Chicago einweisen und begann damit eine jahrzehntelange Reise der Genesung.

Instagram Placeholder
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Instagram
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Bereits 2023 veröffentlichte er ein Foto seines Ära der Nüchternheit mit den Worten: „33 Jahre clean und nüchtern. Mein Leben war noch nie besser.“

In seiner Autobiografie „Me“ und im Biopic-Spielfilm „Rocketman“ thematisiert Sir Elton die dunklen Jahre der Abhängigkeit von Alkohol, Kokain und Cannabis sehr offen. Er erinnerte sich an absurde Erlebnisse unter Drogeneinfluss, etwa als er Bob Dylan für seinen Gärtner hielt.

Trotz anfänglicher Zweifel, ob er jemals wieder als Künstler zurückkehren könne, kämpfte er sich durch die Genesungsphase zu neuer Stärke. Regelmäßige Besuche bei den Selbsthilfegruppen „Anonymen Alkoholiker“ (AA) und „Narcotics Anonymus“ (NA) wurden fester Bestandteil seines Lebens, selbst während seiner Welttourneen. „Ich hasste mich selbst und wollte einfach nur gesund werden“, sagte er rückblickend.

Ein zweites Leben

„Meine Abstinenz hat mir alles gebracht, was ich mir nur wünschen konnte“, reflektierte er 1994. „Ich bin ein Überlebender. Ich habe vieles überstanden. Das Leben ist voller Fallstricke, selbst wenn man nüchtern ist. Ich kann jetzt damit umgehen, weil ich nicht mehr weglaufen und mich verstecken muss.“

In der TV-Nachrichtensendung CBS News erzählte er im Oktober 2019: „Es hätte fast meine Seele zerstört. Meine Seele war schwarz wie ein verkohltes Stück Steak, bis ich sagte: ‚Ich brauche Hilfe.‘ Und plötzlich kam ein kleines Licht in meiner Seele auf und sagte: ‚Ja, ich bin noch da. Ich bin noch da und kann noch gerettet werden.‘“

Er kolportierte auch, dass der 2001 verstorbene Beatles-Gitarrist George Harrison ihm während seines langen Kampfes gegen die multiple Abhängigkeit beigestanden hätte.

Heute unterstützt John gestrauchelte Musiker-Kollegen in ähnlichen Fällen. So hat er Boy George in die Abstinenz geholfen. In seiner Autobiografie „Me“ erwähnt er, dass der „Mentor“ von Eminem bei den Anonymen Alkoholikern gewesen ist.

Ralf Niemczyk schreibt freiberuflich unter anderem für ROLLING STONE. Weitere Artikel und das Autorenprofil gibt es hier.