Eric Clapton: über seine Arbeit und seinen Ruf als Götterwesen

Das ist vielleicht ein Leben gewesen! Keinem Hund würde man sowas gönnen. Aufs Schild gehoben von Millionen Fans, die gute Handwerker schon mal mit Göttern verwechseln, und ewig diese Angst, irgendwelche fremden Ansprüche nicht zu erfüllen, weil man selbst gar keine hat. In den letzten Jahren wenigstens konnte Eric Clapton endlich zur Ruhe kommen. Er glaubt das Simon Climie zu verdanken, seinem Produzenten. Was Blödsinn ist, immerhin hat der Mann auch ein Album wie „Pilgrim“ mit zu verantworten, über das Clapton noch heute nur mit Mühe lächelt. Aber sich selbst klopft einer wie er halt nicht auf die Schulter. Obwohl wieder Anlass dazu wäre. Mit „Reptile“ hat Slowhand im 56. Jahr eines bewegten Lebens sich auch musikalisch endlich noch einmal bewegt. Weg von den konservierten Themenabenden in Blues oder Pop, hin zur Vielfalt, die manche Rückblicke eben zu bieten haben.

Niemand hätte dir ein Album nur mit Cover-Versionen übel genommen. Warum machst du dir noch die Mühe, Songs zu schreiben?

Weil ich bis heute nicht begreife, warum ich so schreibe, wie ich halt schreibe. Total archetypisch, immer erst eine Strophe, dann die Mitte für den Song, danach eine Brücke zwischen beidem.

Das macht ja nun nicht gerade jeder. Könnte es sein, dass zumindest JJ. Cale, dessen „Travellin‘ Light“ du nun gecovert hast, ähnlich arbeitet?

Denkbar. Jedenfalls stehen bei ihm am Ende auch immer profunde, simple Songs, an die man sich erinnert. Im Gegensatz zu meinen aber sind sie noch dazu perfekt. Etwas wie „Cocaine“ zum Beispiel, diese pure Reduktion, ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht gelungen. Deshalb musste ich es ja auch klauen.

Jetzt hast du auch noch Ray Charles und Stevie Wonder bestohlen. Brauchte es dafür mehr Mut oder mehr Humor?

Beides natürlich. Aber der Humor war wohl noch wichtiger. Die Demut sollte man auch nicht vergessen, aber sie entsteht erst, wenn man sich selbst nicht ernst nimmt. Eine der wenigen Tugenden übrigens, die ich nicht erst mühsam erlernen musste. Als mich ein japanischer Freund, der die Ray-Charles-Adaption gehört hatte, einen „primitiven Neo-Soul-Sänger“ nannte, fand ich das gar nicht beleidigend.

Fällt dir denn die Arbeit im Studio heute leichter? Vor drei Jahren noch erzähltest du von existenziellen Ängsten.

Und das war nicht gelogen! Ich hatte einfach immer ein Problem mit diesem Image des Gitarrengottes, das nicht stimmte, aber sogar in den Köpfen der Kollegen fest saß. Bei der Arbeit mit B.B. King vor gut einem Jahr merkte ich dann plötzlich, wie dieser Kerl mit solchen Gefühlen umging. Er arbeitete so schnell, dass schlicht keine Zeit zum Nachdenken blieb. Ein bisschen von dieser Einstellung habe ich in die Aufnahmen zu „Reptile“ herüber gerettet.

Und die hast du lächelnd und souverän vom ersten bis zum letzten Tag durchgestanden?

Schön wäre es gewesen! Natürlich bekam ich so ungefähr nach der Hälfte der Songs wieder meine Depressionen. Ich glaubte, an meinen eigenen Grenzen verzweifeln zu müssen. Wie bei bisher jeder Platte vorher. Hätten mir da späte Gäste wie etwa Billy Preston nicht gehörig in den Hintern getreten – wer weiß, ob dieses Album nicht auf dem großen Berg meiner Unvollendeten gelandet wäre. Immerhin sage ich heute: Das wäre schade gewesen. Du siehst, meine Genesung macht langsame Fortschritte.

Weshalb machst du dir den ganzen Stress denn überhaupt noch? Ruhm und Dukaten türmen sich doch meterhoch im Keller.

Ich laufe trotzdem weiterhin dem heiligen Gral unserer Zunft hinterher: Ich höre mit den Studio-Sessions und den Konzerten erst auf, wenn mir die perfekte Aufnahme gelungen ist, wenn ich das perfekte Gitarren-Solo ins Publikum geworfen habe. Ich träume auch immer schon vom nächsten Album, wenn das neueste noch gar nicht im Laden steht.

Hast du deine besten Momente als Gast auf den Alben anderer Musiker gehabt, wenn der Druck nicht auf deinem Namen lag?

Nein, gar nicht. Mich treffen die wenigen Augenblicke, die ich als fast nicht verbesserbar empfinde, immer wie Unfälle. Und zwar immer dann, wenn ich diesen verfluchten Verstand mal für ein paar Sekunden ausgeschaltet hatte. Dann und wann versagt er auch einfach seinen Dienst, aber leider passiert das zu selten. Deshalb versuchen ja so viele, diese Sekunden künstlich zu erzeugen, womit auch immer. Ich habe da keine Ausnahme gemacht, wie jeder weiß.

Deinen Ruf als Götterwesen hast du trotzdem nicht zerstören können…

Leider nicht, das ist wahr. Und wenn ich heute sage, ich sehe mich im guten Mittelfeld der Liga, ernte ich weiterhin mitleidige oder spöttische Blicke. Obwohl ich meine Behauptung seit fast vier Jahrzehnten mit unumstößlichen Beweisen untermauere. Die Welt ist ungerecht, die Welt will wohl belogen werden.

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