Geld-Adel vernichtet

Öl, Gier, Heuchelei und der fromme Kitsch der 80er Jahre: Die erste Staffel von „"Der Denver-Clan" auf DVD bringt die Schauder der Mittwochabende zurück

Ohne Joan Collins war dieser Clan ein müder Haufen neurotischer, verwöhnter Langweilen Auch das Skandalon des Büro-Beischlafs ist schon vorbei, wenn der Pilotfilm beginnt: Blake Carrington will seine Sekretärin Krystle heiraten, die zu ihrem Geburtstag ein letztes hysterisches Kaffeekränzchen mit Freundinnen veranstaltet. Blake schickt seinen Chauffeur und grüßt huldvoll von der Straße, in der Limousine sitzend. Die Busenfreundinnen sind sich einig: Den silbernen Grandseigneur würden sie auch nehmen. Und Krystle lässt sich nicht lumpen: „Wozu hat das Haus 48 Zimmer, wenn man nicht mal ein paar Freunde einladen kann?‘ Nun ist das Haus treilich ein Schloss, das irgendwo in der Wildnis zu stehen scheint, jedenfalls nicht in Denver. Schneebedeckte Berge und wilde Wasser sieht man ohnehin fast nur im Vorspann – die Handlung schleicht in sperr-hölzern ausgestatteten Ateliers dahin. „Dynasty“ war 1981 Aaron Spellings späte Antwort auf „Dallas“ und ist ebenfalls eine Sitz- und Steh-Serie – es gibt kaum eine Außen-Aufnahme. Heute staunt man über die schier unendlichen Mono- und Dialoge, in denen sexuelle Unzulänglichkeiten ebenso zäh verhandelt werden wie trivialpsychologischer Kappes. Am Beispiel von Carringtons schmollendem, irgendwie künstlerischem Sohn, verkörpert vom Blondchen AI Corley, wird die Homosexualität problematisiert — ähnlich wie in „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ leidet der Patriarch unter der Präferenz des Erben. Carrington schweigt. Seine kratzbürstige und freigeistige Tochter Fallon flüchtet immer mal wieder ins Bett des schmierigen Chauffeurs.

Und auch das Öl macht Blake Sorgen, da im nicht näher benannten Mittleren Osten die Muselmanen Feuer an die Bohrtürme legen. Im Zuge dieses Terrors verweisen sie auch den Geologen Matthew Blaisdel – zweitbester Name der Serie des Landes, Krystles ehemaligen Liebhaber, den Blake misstrauisch beäugt. Die Brutalität des eisigen Tycoons deutet sich an, als er seinen Sekretär- nur halb im Scherz – anweist: „Schießen Sie sein Flugzeug über Kansas ab.“ Er kann selbst nicht darüber lachen. Blaisdel, ein kerniger Holzfällerhemdträger, ist verheiratet mit der depressiven Heulsuse Claudia und behütet eine klugscheißerische pubertierende Tochter.

Der tutige alte Öl-Bohrer und schlitzohrige Schwadroneur Walter Lankershun — bester Name der Serie — will Blaisdel für ein eigenes Projekt von Carrington abwerben. Weichling Steven wird derweil auf Blaisdels Bohr-Plattform von einem heterosexuellen Arbeiter verhöhnt, woraufhin Lankershim ihn zu einem Bordell kutschiert. Undsoweiter undsofort.

In zunächst 15 Folgen umreißt der „Denver-Clan“ die großen Themen der 80er Jahre: Gier, Korruption, Heuchelei, Autotelefone, asoziales Verhalten. Diesogenannte Wirtschaft hat die Macht übernommen — über ein Kongressmitglied spottet Carrington: „Der beste Abgeordnete, den man für Geld haben kann.“ Im Fond seiner Limousine sitzt er hinter einem Holzpult, die auf einem Pferd vorbeitrabende Tochter fragt er telefonisch: „Haben wir eine Energiekrise?“ John Forsythe hatte auf die Rolle seines Lebens lange warten müssen: Er spielte 1955 eine Hauptrolle in Alfred Hitchcocks schwarzer Komödie „Immer Arger mit Harry“ und trat danach in drittklassigen Filmen auf. Die maskenhafte Linda Evans ist ein zeitgenössischer Ersatz für Bo Derek, die nach Blake Edwards‘ „Zehn -Die Traumfrau“ für nicht sehr lange Zeit die begehrteste, die rescheste, die boleroeskeste, nun: Schauspielerin der Welt war. Als tolpatschiger Jeff Colby brilliert der schnutige John James.

Und endlich, bei der Gerichtsverhandlung am Ende der Staffel, wird sie als Überraschungszeugin aufgerufen: LaCollins als Alexis – gemeiner als J.R., härter als Madonna, verlogener als Ronald Reagan. Es kann beginnen.

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