Hinter dem Regenbogen

Es war Lily Allen, eine sehr junge Künstlerin also, die anmerkte, dass es von Arroganz zeuge, wie selbstgewiss Radiohead ihr Album im Internet lancierten: Welcher Nachwuchs-Musiker, welche mäßig erfolgreiche Barde könne sich schon den Verzicht auf eine Plattenfirma leisten? Wer solle Produktion und Werbung übernehmen? Radiohead hatten viel Geld im Hintergrund und konnten EMI, ihre alte Plattenfirma, gegen andere Bewerber ausspielen. Zum Schmerz kommt jetzt die Beleidigung, denn ein anderes Label hat „In Rainbows“ übernommen. Und wer für den Download bereits etwas gespendet hatte, der möchte nun womöglich trotzdem den Tonträger alter Art kaufen. Und hier ist es ihm nicht freigestellt, wieviel Geld er zu zahlen bereit ist.

Ray Davies ließ sein Album „Working Man’s Cafe“ durchaus physisch einer englischen Tageszeitung beilegen – um im proletarischen Bild zu bleiben: Am nächsten Tag wurden Fish ’n‘ Chips darin eingewickelt. Und was nichts kostet, möchte man sagen, ist auch nicht viel wert. Der Witz der White Stripes mit der Vinyl-Single als Morgengabe im „NME“ funktioniert nicht so gut, wenn die Band Hoobastank oder Mutemath heißt. Zur sektiererischen Altertümelei des Vinyl-Enthusiasten kommt hier das Blasierte des Connaisseurs, der sich Kapriolen leisten kann. Es soll Leser von Musikzeitschriften geben, die sich das Auf- und Bekleben von CDs verbitten – weil bei importierten Blättern mehr Porto vonnöten ist oder das Präsent obligatorisch und obsolet geworden ist.

Eine weitere Vertriebs-Variante bemühte in diesem Jahr erst Paul McCartney, dann auch Joni Mitchell: die Kaffeeröster-Verkaufe.Bei Hear Music, dem hurtig gegründeten Label von Starbucks, erschienen ihre Platten (in Deutschland freilich bei Universal) – und wie der Dampf aus einem Kaffeebecher hatte sich bald die Erwartung verflüchtigt., so sei toller Profit zu machen.

Während die revitalisierten Eagles in den USA einen Vertrag mit Walmart abschlössen und von „Lcmg Road Out Eden“ mehr als 700 000 Exemplare in der ersten Woche verkauften (woraufhin „Bill‘ board“ die Charts-Statuten ändern musste). Britney Spears folgte mit etwa 150 000 Einheiten von „Blackout“.

Nun gibt es die Eagles nur einmal, und sie könnten ein neues Album auch bei ihrem Maßschneider in Los Angeles feilbieten – es würde noch immer ein Bestseller. Aber die Altvorderen auf den Plätzen 10 bis 20 – Kämpen wie Neil Young, John Fogerty und John Mellencamp – suchen sich andere Wege, um ihre Platten zu verkaufen. Und wenn es der Holzweg ist, jeder verkauften Eintrittskarte eine CD beizugeben, wie Neil Young es gewohnt störrisch tut. Nach Bob Dylan setzt auch Elvis Costello auf Reklame: Es lohne nicht mehr, mit dem Vorschuss einer Plattenfirma die Musiker zu bezahlen, um ein Album aufzunehmen, für das man dann monatelang Promotion machen müsse. Nicht ablehnen konnte er das Angebot einer Kreditkartenfirma: Man finanziere ihm eine Club-Tournee mit seinen angestammten Musikern. Er, Elvis, müsse nur mit Gitarre für ein Foto posieren und die Kreditkarte empfehlen, quasi mit seinem guten Namen zahlen. Und so geschah es.

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