Im Kino gewesen. Geträumt.

Die Coolness von James Dean, die Weisheit von Forrest Gump, die Hits aus „Dirty Dancing“: was James Allen, Sänger der romantischen Schottenband Glasvegas, von Filmhelden gelernt hat.

Fürs „NME“-Titelfoto ließ sich Glasvegas-Sänger James Allen letztens den Schlussmonolog des blonden Außerirdischen aus „Blade Runner“ auf den nackten Bauch schreiben. Und „The World Is Yours“, die erste Single als Vortakt zum grandiosen zweiten Album „Euphoric/// Heartbreak“, die zitiert natürlich „Scarface“. Glasvegas, die Dunkelschotten mit dem majestätischen Mega-Twang, bewegen sich ja schon soundtechnisch in einem kinematografischen Universum. Und Allen, der Sänger, Hymnendichter und schöne, romantische, einsame Wolf, kann praktisch sein ganzes Leben in Filmausschnitten nacherzählen.

Die Epiphanie: „Forrest Gump“

„Wir waren auf USA-Tour, als ich begann, an den neuen Songs zu arbeiten. Oft war ich nachts der Einzige, der aufblieb – die anderen lagen in den Kojen, ich saß hellwach im Bus und beobachtete durchs Fenster, wie wir leise durch Amerika glitten. Ich sah die wundervollsten Dinge, die man sich vorstellen kann, und musste immer wieder an, Forrest Gump‘ denken: an die Passage, in der der Held quer durch die Staaten rennt und all die verschiedenen Orte sieht. Wo er raus aufs Meer schaut und zu sich sagt:, Es sah aus, als gäbe es zwei verschiedene Himmel, einen über dem anderen.‘ Und auf sonderbare Art fühlte ich mich plötzlich wie sein stiller Kompagnon, der schottische Forrest Gump – der Allerhellste bin ich ja auch nicht.

Ich blieb die ganze Nacht wach, träumte mit offenen Augen von meinen neuen Songs. Überlegte, was ich ausdrücken wollte, und stellte mir eine Frage nach der anderen. Das Lustigste passierte dann, als wir in San Diego an den Aufnahmen arbeiteten und ich zum ersten Mal zum Pier ging – und dort das, Bubba Gump‘-Restaurant sah, das als Hommage an den Film errichtet wurde. Weil Forrest Gump exakt an dieser Stelle vorbeirennt!“

Der Schulfreund: „Indiana Jones“

„Ich habe noch nie in meinem Leben ein Buch gelesen – weil ich unter einer Art von ADHS-Syndrom leide. Als Junge ist mir das nicht aufgefallen, weil ich ein Wilder war und eh kein Interesse am Lesen hatte. Erst später habe ich gemerkt, dass ich höchstens eine Seite schaffe und dann meine Konzentration ausgeht. Ich kann aber ganz gut zuhören. Früher hatte ich ein, Indiana Jones‘-Hörbuch, das ich ständig laufen ließ. Mein Onkel ist förmlich ausgeflippt, weil er es nicht mehr hören konnte. Da ich aber in der Regel ein Leben ohne Bücher führe, werde ich vor allem von Filmen inspiriert. Und von dem, was die Leute so reden.“

Die Musikstunde: „Dirty Dancing“

„Filme waren für mich auch aus einem anderen Grund wichtig: weil sie mich mit guter Musik bekannt machten. Wie viele andere habe ich zum Beispiel Surfbands wie Dick Dale & His Del-Tones und die Lively Ones erst durch, Pulp Fiction‘ kennengelernt. Und auf ganz viel wichtige Fifties- und Sixties-Musik kam ich durch, Dirty Dancing‘. Das habe natürlich nicht ich angeschaut, sondern meine Schwester Denise. Aber so hörte ich zum ersten Mal, Be My Baby‘ von den Ronettes. Denise meinte, das klänge total wie Madonna – ich fand, dass sie recht hatte.

Im Nac**inein wundert es mich: Damals spielte ich noch kein Instrument und hatte keine Ahnung von Musik. Und trotzdem hörte ich schon all diese Sachen heraus, war sehr sensibel dafür, wie eine Melodie einem das Herz brechen kann. Meine Buddy-Holly-Parodie zum Beispiel war die einzige Methode, mit der ich meine Schwester zum Lachen bringen konnte, wenn sie schlecht drauf war.“

Der Kumpel für die Sperrstunde: „Denn sie wissen nicht, was sie tun“

„Während der Zeit, in der ich arbeitslos war, ging ich in Glasgow oft abends mit unserem Bassisten Paul Donoghue trinken. Weil ich überhaupt kein Geld hatte, zahlte er mir die Drinks und hinterher auch das Taxi nach Hause. Er war Schneider, musste früh raus und daher irgendwann ins Bett, ich aber blieb wach und legte noch einen Film ein. Immer, Der Wilde‘ mit Marlon Brando,, Edward mit den Scherenhänden‘,, Grease‘. Am liebsten, Denn sie wissen nicht, was sie tun‘.

Ein psychedelischer Film: Oft schlief ich besoffen ein, wachte wieder auf und sah immer eine besonders eigenartige Szene. Meine Schwester meint, der Film wäre Schrott. Aber James Dean: das Aussehen, die Haltung, der Humor … Kein Wunder, dass die Leute völlig verrückt nach ihm waren.“

Brutalität und Süßes: „Ratcatcher“

„Mein Lieblingsfilm aus den letzten Jahren! Er spielt in Glasgow zur Zeit der Müllmännerstreiks in den Siebzigern. Die ganze Stadt ist eine Schrotthalde, in den Gärten sammelt sich der Dreck. In einer Szene sieht man sogar, wie jemand im Hintergrund einen toten Schäferhund aus dem Müllberg zieht und ihn in der Luft herumschwenkt!

Was ich daran mag: dass die Szenerie zwar rau und real ist, aber nicht nur pure Aggression zeigt, so wie der eher doofe Film, This Is England‘. Man soll sehen, woher die Gewalt kommt und welche Konsequenzen sie hat. Es kann nicht alles nur brutal, brutal, brutal sein. Ein bisschen süß muss es zwischendrin auch sein.“

Der Traum: Pamela Anderson

„Ja, ich war in sie verliebt! Glaube ich jedenfalls. Keine sonderlich romantische Sache -, Baywatch‘ interessierte mich nicht, ich konnte dabei den Ton abdrehen und bekam trotzdem, was ich wollte.

In L.A. traf ich kürzlich eine alte Freundin wieder, die mir eröffnete, dass sie jetzt für Pamela Anderson arbeite. Ob ich sie kennenlernen wolle?, Unbedingt! Dann werde ich ihr sagen, wie sehr ich sie mag‘, antwortete ich. Aber es klang nicht ehrlich genug. Die Freundin meinte, ich wolle sie nur verarschen, und arrangierte nichts. Zum Glück habe ich heute auch Besseres zu tun, als Pamela zu treffen Ein komisches Gefühl: nicht mehr besessen genug zu sein.“ Protokoll: Joachim Hentschel

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