Im Rausch der Massen

Zum ersten Mal präsentiert der ROLLING STONE im Sommer das Doppelfestival Hurricane/Southside. Mit dabei: Foo Fighters, Arcade Fire, Suede und andere. Hier beantworten sie die wichtigsten Fragen.

Foo Fighters

Nach 15 Jahren sind sie ganz oben: Die Konzerte der Band um Dave Grohl sind in Rekordzeit ausverkauft, es gibt ein neues Album mit alten Bekannten.

Bisweilen wiederholt sich die Geschichte eben doch: Für das neue Foo-Fighters-Album, „Wasting Light“, arbeitete Dave Grohl zum ersten Mal seit „Nevermind“ wieder mit dem damals verantwortlichen Produzenten Butch Vig und dem Nirvana-Bassisten Krist Novoselic zusammen. Alles andere als ein Zufall: In diesem Herbst jährt sich das Erscheinungsdatum von „Nevermind“ zum 20. Mal. Und pünktlich zum Jahrestag strahlt auch der Stern der Foo Fighters – ohnehin eine der international erfolgreichsten Rockbands überhaupt – noch ein bisschen heller als sonst: Eben wurde Dave Grohl vom „New Musical Express“ der sogenannte „Godlike Genius Award“ verliehen, die beiden Einzelkonzerte der Band in Berlin und Köln waren binnen Stunden ausverkauft, um Karten für die Show in Köln hatten sich angeblich 200.000 Leute im Internet beworben.

Wir trafen Dave Grohl, Taylor Hawkins, Nate Mendel, Pat Smear und Chris Shiflett in Berlin und sprachen mit ihnen unter anderem über ihre Vorbereitungen für die Auftritte beim Hurricane/Southside, Nirvana und Cobain sowie darüber, wie man sich im Rock’n’Roll-Geschäft seine geistige Gesundheit erhält.

Dave Grohl, wie fühlt man sich so als offiziell geadelter „Godlike Genius“?

Dave Grohl: Geschmeichelt. Es gibt ja diesen schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn, ist doch schön, nun offiziell bescheinigt zu kriegen, in welche Richtung ich tendiere. Zumal ich die meiste Zeit über anderer Meinung bin. (lacht) Im Ernst: Ich habe mich informiert, wem der Preis noch verliehen wurde, und ich würde sagen, ich befinde mich in bester Gesellschaft. Aber nun ja, so ein Preis …. In the end I’m just a fucking musician.

„Wasting Light“ entstand gemeinsam mit dem Produzenten Butch Vig, wie kam es dazu?x{2028}

Grohl: Butch und ich kennen uns seit 20 Jahren, sind gute Freunde und hatten die ganze Zeit über Kontakt. Den Plan, mal wieder was zusammen zu machen, gab es immer, aber irgendwie hat es sich nie ergeben. Vergangenes Jahr nahmen wir dann zusammen zwei Bonus-Tracks für unser Greatest-Hits-Album auf, und da habe ich gemerkt, wie gut es passen könnte, mit ihm eine Foo-Fighters-Platte zu machen. Mit Nirvana damals war es eine ganz simple Nummer: Wir nahmen „Nevermind“ in nur zwei oder drei Wochen ohne großen Aufwand auf. Aber er hat es trotzdem geschafft, diese Songs so mächtig klingen zu lassen. Als wir nun zusammenarbeiteten, hat sich sein enormes Händchen für Arrangements und die Fähigkeit, die Dinge auf das Wichtigste zu reduzieren, sehr ausgezahlt.

Und da waren Sie nun: zum ersten Mal seit 20 Jahren in einem Raum mit Butch Vig und Krist Novoselic, der bei einem Song gespielt hat. Seltsames Gefühl?x{2028}

Grohl: Seltsam nicht unbedingt. Irgendwie hätte es sich falsch angefühlt, mit Butch zu arbeiten, ohne Krist anzurufen. Eher eine persönliche als eine musikalische Sache. Es ging jedenfalls nicht darum, ihn unbedingt dabeizuhaben, um den Song musikalisch nach vorne zu bringen. Es war mehr so: Hey, komm doch vorbei und lass uns ein bisschen zusammen abhängen wie früher! Ich bin mir natürlich der Tatsache bewusst, was das für viele Leute für eine Bedeutung hat, aber für mich war es aus persönlichen Gründen wichtig. Butch und ich haben unsere Lebensweise verändert, nachdem dieser ganze Wahnsinn passiert ist. Wir beide hatten seitdem großen Erfolg und sind immer noch hier. Und nun saßen wir wieder zusammen: in einer Garage, mit einer alten Bandmaschine …

Das war ja nicht irgendeine Garage, sondern Ihre eigene. Was haben Ihre Frau und die beiden Töchter dazu gesagt, monatelang einen Haufen wilder Typen im Haus zu haben?x{2028}

Grohl: Meine Frau hatte sehr viel Geduld und die Kinder fanden es toll. Sie nannten die Jungs nur „die Arbeiter“: „Papa, kommen die Arbeiter heute wieder?“ (lacht) Hier im Hotel haben sie die gleiche Kaffeemaschine wie wir zu Hause. Heute morgen musste ich gleich an meine fünfjährige Tochter Violet denken, die jeden Morgen ins Studio kam und uns mit dieser Maschine Kaffee gemacht hat.

Im Zusammenhang mit den Foo Fighters fällt häufiger der Begriff Familie. Wie stellen Sie sicher, dass bei all den anderen musikalischen Aktivitäten der Zusammenhalt zwischen Ihnen erhalten bleibt?

Taylor Hawkins: Das ist gar nicht nötig, deshalb ist es ja eine Familie. Es ist egal, wie lange wir uns nicht sehen, alles, was uns verbindet, ist automatisch da, wenn wir zusammen sind. Jeder hat sein eigenes Leben, aber wenn wir Zeit zusammen verbringen, verschmelzen wir miteinander wie die Stücke einer saftigen Pizza.

Als Sie vor einigen Jahren nach einer Drogen-Überdosis im Krankenhaus lagen, hat Dave Grohl Sie täglich besucht und an Ihrem Bett gewacht x{2212} vermutlich hat das das Verhältnis zwischen Ihnen beiden zusätzlich gestärkt …

Hawkins: Keineswegs, ich hatte so die Schnauze voll davon, dass er da die ganze Zeit abgehangen hat … (lacht) Nein: Klar, das war eine wichtige Zeit.x{2028}

Grohl: Ich war total geschockt und dachte nur, nicht schon wieder, nicht noch mal diese Scheiße.

Vergänglichkeit und Sterblichkeit sind wiederkehrende Motive der Songs des neuen Albums. Sie alle sind um die 40 oder älter. Wie sehr beschäftigen Sie sich mit derartigen Fragen?

Grohl: Ich hatte niemals große Angst vor dem Tod – bis ich etwas hatte, für das es sich zu leben lohnt. Als ich jung war, dachte ich eigentlich zu jeder Zeit, ich hätte höchstens noch zwei Jahre. Mit 14 war ich der Meinung, ich sterbe mit 16, hatte ich Angst, ich würde nicht lange genug leben, um den Führerschein zu machen. Als ich dann einen Führerschein hatte, ging ich davon aus, dass ich sterben werde, bevor ich Alkohol trinken darf. Und jetzt sterbe ich wahrscheinlich bei einer Trunkenheitsfahrt. (lacht) Nein, der Tod gehört zum Leben, der Gedanke an ihn hat mich von jeher beschäftigt.

Gibt es einen Punkt, an dem Ihre Karriere mit den Foo Fighters zu einem natürlichen Ende kommen könnte? x{2028}

Grohl: Nun, es gibt nicht viele 85-Jährige, die in einer Rockband spielen, das sollte man vermeiden.

Chris Shiflett: Hast du Mick Jagger bei den Grammys gesehen? Das war verdammt inspirierend!

Grohl: Allerdings! Aber das ist der Punkt: Wenn du in diesem Alter bist, interessiert es die Leute nicht mehr, was du tatsächlich machst oder wie deine Musik klingt. Sie bewundern dich nur noch dafür, dass du überhaupt noch da bist. „Was für eine Energie, hast du das gesehen, jetzt ist er gesprungen, oh mein Gott, er kann kein Mensch sein.“ (lacht)

Nach so vielen Jahren in dieser Branche hat man bei Ihnen das Gefühl, dass es Ihnen besser als anderen gelungen ist, sich ihre geistige Gesundheit zu bewahren. Hat das vielleicht etwas damit zu tun, dass Sie alle bis auf Taylor Hawkins aus der Hardcore- und Punk-Szene kommen, wo ein großes Rockstar-Ego traditionell wenig geschätzt wird?

Grohl: Möglich. Man kann sich jedenfalls nicht vorstellen, dass jemand wie Kanye West weiß, was es bedeutet, auf Tourneen Salat stehlen zu müssen, weil man Hunger hat. Solche Erfahrungen prägen einen. Sie sorgen dafür, dass wir tiefe Dankbarkeit empfinden für das, was wir tun dürfen.

20 Jahre nach „Nevermind“ wie beurteilen Sie im Rückblick die sogenannte Grunge-Ära?

Grohl: Ich vermisse die frühen Neunziger …

Hawkins: Vor allem den Umstand, dass damals zu jeder Zeit mindestens sieben Rock’n’Roll-Platten in den Top20 waren. Heute ist man ja froh, wenn sich überhaupt irgendwas, das auch nur ansatzweise mit Rock’n’Roll zu tun hat, in die Nähe der Charts verirrt. Scheiß auf Grunge, das war nur ein Label für alte Leute, was etwa hatten Pearl Jam mit Nirvana zu tun? Das Besondere war dieser Rieseneinfluss interessanter Rockmusik.

Denken Sie oft an Kurt Cobain, Mr. Grohl?x{2028}

Grohl: Ich denke ständig an ihn, jeden einzelnen Tag. Wir waren Kids, als die ganze Nummer losging. Ich war 20! Eigentlich zu jung für diesen ganzen Wahnsinn. Trotzdem ist das natürlich für jeden die aufregendste Phase im Leben. Man entwickelt seine Persönlichkeit, lernt das Leben kennen, jeden Tag passiert irgendwas Neues. Sehr komisch, wenn diese wichtige Entwicklung parallel zu so einer Geschichte abläuft, wie wir sie mit Nirvana hatten. Trotzdem: Wenn ich an Nirvana und Kurt denke, denke ich nicht an die dunklen Seiten, sondern an die tolle Zeit, die wir hatten. Das vergessen die Leute oft. Kurt war ein wahnsinnig lustiger Typ. Richtig schlimm wurde es erst am Ende. Erinnern Sie sich an die T-Shirts! Als ich Nirvana beitrat, hatten sie die witzigsten T-Shirts der Welt, und die hat alle Kurt entworfen.

Sie haben mit allen möglichen Musikern gearbeitet, kamen zu Weltruhm. Bleiben da noch Ziele und Träume für die Zukunft?

Hawkins: Orgien. (lacht)

Grohl: Gute Antwort!

Shiflett: Wie viele Leute braucht man für eine Orgie? Ich meine, wenn man zu dritt ist, ist es dann schon eine Orgie?

Grohl: Nein, das ist ein Dreier. Es müssen auf jeden Fall mehr als drei Leute sein!

Sie sind in diesem Sommer zu Gast beim Hurricane/Southside. Was schmeißen die Leute bei solchen Gelegenheiten auf die Bühne?

Grohl: Demos, CDs, alles Mögliche. So wie letzte Woche in London: Da stand ein Typ in der ersten Reihe und wedelte mit seiner CD vor meinem Gesicht rum. Drei verdammte Stunden lang! Irgendwann hat er sie dann geworfen und ich konnte mich gerade noch ducken, sonst hätte ich sie ins Gesicht gekriegt. Ich möchte also diese Gelegenheit nutzen, um zu sagen: Leute, wenn ihr eure CDs auf die Bühne werft, dann schmeißt sie uns bitte nicht ins Gesicht!

Was war Ihr größter Rock’n’Roll-Moment im Rahmen eines Sommerfestivals?

Pat Smear: Der lustigste Moment war auf jeden Fall, als du für deine Frau einen Lapdance aufgeführt hast, Dave.

Grohl: Oh mein Gott, wann war das? Aber ja, ich gebe es zu, so was mache ich manchmal. (lacht)

Hawkins: Wisst ihr noch, als wir beim V-Festival diese Golfkarren geklaut haben? Wir hatten eine Flasche Tequila getrunken, sind komplett durchgedreht, in dieser Karre durch die Gegend gefahren und haben die ganze Einrichtung zerstört. Sie hatten sich so viel Mühe mit der Herrichtung des Backstage-Bereichs gemacht … Und dann kommen wir und fahren alles zu Schrott.

Grohl: Das ist aber nicht der beste Teil der Geschichte. Plötzlich kommen zehn gelb gekleidete Security-Typen auf uns zu, und was macht Taylor? Springt aus dem Auto und rennt weg. Also stand ich da, alleine mit zehn Security-Typen, schönen Dank auch, Taylor, gut gemacht!

Arcade Fire

Win Butler und Régine Chassagne über Tischtennis, Backstage-Rituale und ihren größten Festival-Moment.

Es war die bislang ereignisreichste Woche in der Karriere dieser Band. Zuerst hatten Arcade Fire in L.A. spektakulär den Grammy für „The Suburbs“ erhalten, unmittelbar danach triumphierten sie bei den Brit Awards. Als sie einige Tage später auf der Berlinale den Kurzfilm „Scenes From The Suburbs“ vorführen, sind Win Butler und Régine Chassagne erschöpft, aber glücklich. Viel Zeit zum Ausruhen bleibt ohnehin nicht: Der Sommer steht vor der Tür, Arcade Fire spielen auf einer Reihe von Festivals. Zeit für ein paar Fragen.

Was ist Ihr wichtigstes Accessoire auf Tourneen?

Win Butler: Ich habe immer mein eigenes Kopfkissen und ein Paar guter Gummistiefel im Gepäck.

Gibt es irgendwelche Rituale, bevor Sie auf die Bühne gehen?

Butler: Ich trage stets Schnürstiefel auf der Bühne. Das ist im Prinzip eine Art Ritual, weil ich im sonstigen Leben nur Basketballschuhe trage. Ich habe Schuhgröße 48, da findet man kaum was anderes. Wenn ich meine Schuhe schnüre, bevor wir auftreten, dann fühlt sich das ein bisschen so an, wie in die Schlacht zu ziehen.

Was schmeißen die Leute bei Ihren Konzerten auf die Bühne?

Régine Chassagne: Irgendwann hat mal jemand eine CD auf die Bühne geworfen. Ich dachte, es sei ein Demo, hob sie auf und bedankte mich. Erst nach dem Konzert fiel mir auf, dass es unsere eigene Platte war. Diese Leute wollten ein Autogramm haben und ich hab’s nicht geschnallt. (lacht)

Butler: Das ist doch ein gutes Modell für die Plattenindustrie: Wir klauen den Fans unsere eigenen Platten, damit sie sie immer wieder und wieder kaufen müssen. Sie kennen sicher den Spruch, dass man manche Filme zweimal gesehen haben muss, um sie zu verstehen. Und wir sagen eben jetzt: Erst wenn ihr „The Suburbs“ mindestens zweimal gekauft habt, könnt ihr wirklich mitreden. (lacht)

Bei Ihrem ersten großen Glastonbury-Konzert spielten Sie 2007 unter anderem den Song „Wake Up“, wovon es noch Videos im Internet gibt. Das endlose Meer der glücklichen Gesichter, Hände und Flaggen verschlägt einem fast den Atem. War das für Sie ein karriereverändernder Moment?

Butler: Es ist lustig, jetzt „Wake Up“ bei all diesen Mega-Festivals zu spielen. Wenn man etwas schreibt, hat man ja nicht die geringste Ahnung, was die Leute aus diesem Song machen werden. Man hat nur seine eigene Interpretation. Als wir „Wake Up“ früher in ganz kleinen Clubs gespielt haben, war das für mich ein aggressiver, kämpferischer Song. Zu sehen, wie sich das durch die großen Konzerte in diese freudvolle Riesen-Hymne verwandelt hat, war für uns selbst überraschend.

Wie man hört, spielen Sie backstage lieber Tischtennis, als Drogen zu nehmen oder die Garderobe zu verwüsten. Beim Coachella-Festival spielten Sie einmal ein Match gegen Damon Albarn. Wie ging die Sache aus?

Butler: Damon hat gewonnen, das war noch bevor ich es zu wahrer Meisterschaft gebracht habe. Damon ist definitiv einer der ganz großen Spieler in diesem Geschäft. Er und Zach de La Rocha von Rage, das sind die besten. Inzwischen sieht die Sache allerdings ein bisschen anders aus: Während der Aufnahmen von „The Suburbs“ hatten wir einen Tisch und haben reichlich trainiert. Unser amerikanischer Booker nennt das Album unsere Pingpong-Platte. Ich bin also bereit, diesen Sommer jede Herausforderung anzunehmen. (grinst)

Was dürfen wir für Ihren Auftritt beim Hurricane/Southside erwarten?

Butler: Wir haben endlich gelernt, etwas besser mit unseren Kräften hauszuhalten und nicht bis zur völligen Erschöpfung zu touren. Ich kann also versprechen, dass wir weitaus frischer sein werden als beim letzten Hurricane-Auftritt.

Clueso

Mit den Songs aus „An und für sich“ zu Gast beim Hurricane/Southside

Clueso, hat man bei diesen großen Festivals die Zeit, sich noch andere Bands anzuschauen?

Mittlerweile hab ich das ganze Jahr über so viel zu tun, dass ich kaum noch dazu komme, mir Konzerte anzugucken, weswegen ich bei Festivals jede Gelegenheit nutze. Beim Hurricane will ich auf jeden Fall Kasabian sehen. Die Foo Fighters spielen leider parallel, aber vielleicht können wir sie trotzdem noch irgendwie erwischen.

Gibt es irgendwelche Dinge, die Sie auf Tournee immer dabei haben? Win Butler von Arcade Fire bringt immer sein eigenes Kopfkissen mit.

Sie werden lachen, das habe ich auch stets dabei. Das lernt man mit der Zeit bei den vielen langen Fahrten und Hotelzimmern. Ansonsten kauft man auf Tour eigentlich ständig Socken und Unterhosen, die gehen andauernd aus.

Was schmeißen die Leute bei Clueso auf die Bühne?

Diesmal vermutlich die Pfandbecher, wenn Viva Con Aqua da ist. Weil wir ganz große Viva-Con-Aqua-Fans sind und ich das auch ansagen werde bei diesen Auftritten.

Der bislang größte Festival-Auftritt?

Hurricane/Southside. Großartig. Viele junge Leute, die mit den gleichzeitig spielenden Nick Cave und Faith No More nicht so viel anfangen konnten. Also hatten wir erstaunlicherweise das größte Publikum.

Was geht einem in solchen Momenten durch den Kopf?

Das ist eine Mischung aus höchster Konzentration und ganz banalen Dingen: „Stand der Typ mit dem Regencape da vorne nicht eben rechts oben?“ Man muss es schaffen, gleichzeitig konzentriert und entspannt zu sein, dann kommt die Textzeile auch wieder, die man vielleicht mal vergisst.

Was dürfen wir beim Hurricane/Southside erwarten?

Grundsätzlich muss es bei Festivals ballern. Man geht auf die Bühne und legt gleich richtig los.

Suede

Das Brit-Pop-Urgestein spricht. Über Bernard Butler, Bücher, Festivals

Nach einer erfolgreichen Tournee sind die großen Sommerfestivals nun eine Art Feuertaufe für die wiedervereinigten Suede: Können die einstigen Brit-Pop-Heroen auch vor einem überwiegend jungen Publikum bestehen, das sie zu großen Teilen nicht kennen dürfte? Befürchtungen, die Brett Anderson nicht teilt. Der 43-jährige Sänger ist so überzeugt von der eigenen Bedeutung wie eh und je.

Brett Anderson, seit einiger Zeit sind Sie wieder mit Ihrer alten Band Suede unterwegs. Was ist das für ein Gefühl?

Ein großartiges. Es geht dabei keineswegs um Nostalgie. Wir haben fantastische Songs, was man vor allem daran erkennt, dass sie zeitlos sind. Ich liebe diese Band und ihre Musik und bin sehr stolz auf das, was wir damals geschaffen haben.

Haben Sie versucht, Ihren alten Partner Bernard Butler für die Reunion zu begeistern?

Das ist eine komplizierte Geschichte. Als die Band auseinandergegangen ist, war Bernard ja schon nicht mehr dabei. Natürlich habe ich mit ihm darüber gesprochen, wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Aber ich glaube, in der jetzigen Phase seines Lebens ist er an solchen Dingen einfach nicht mehr interessiert.

Wird es ein neues Suede-Album geben?

Wir arbeiten an neuen Songs. Allerdings sind wir in der glücklichen Lage, dies ohne Druck tun zu können. Wir haben keine Plattenfirma im Rücken und folglich auch keine Deadline. Ich habe kein Verlangen danach, eine Platte zu veröffentlichen, einfach nur, um, nun ja, eine Platte zu veröffentlichen. Aber wenn wir ein paar tolle Songs fertig haben, werden wir wohl eine machen.

Nun spielen Sie diesen Sommer beim Hurricane/Southside. Haben Sie selbst in Ihrer Jugend Sommerfestivals besucht?

Niemals. Ich hatte nie das Bedürfnis, mich drei Tage im Schlamm zu wälzen und konnte diese Massen und all die Veggie-Burger-essenden Menschen nicht ertragen, das ist überhaupt nicht meine Sache. Ich stehe bei Festivals lieber auf der Bühne. Vor diesen Massen zu spielen ist großartig und atemberaubend.

Was war demnach Ihr eindrucksvollstes Fes-tival-Erlebnis als auftretender Künstler?

Roskilde 1995. Das war kurz bevor wir mit Suede in Skandinavien so richtig groß wurden, ein unvergessliches Erlebnis.

Gibt es unverzichtbare Accessoires, die auf jeder Tournee dabei sein müssen?

Das Wichtigste ist ein gutes Buch, sonst sind die endlosen quälenden Stunden der Warterei nicht zu ertragen. Außerdem brauche ich einen guten Tee. Es gibt eine ganz bestimmte Marke, einen Kräutertee, wenn ich den nicht habe, kann ich nicht singen. Grundsätzlich gilt: Auf Tourneen muss man fit und voll da sein. In den Neunzigern haben wir unsere Rock’n’Roll-Träume ausgelebt und deswegen einen Haufen schlechter Konzerte gespielt. Heute bieten wir enorm kraftraubende, energiegeladene Shows, und um das tun zu können, muss man hundertprozentig fit sein.

Was wird bei Suede-Konzerten auf die Bühne geschmissen?

Auf die Bühne schmeißen sie nicht unbedingt viele Sachen, aber früher gab es dieses Ritual bei unseren Konzerten, wo die Leute mir fetzenweise mein Hemd vom Leib gerissen haben, wenn ich Kontakt zum Publikum aufgenommen habe.

Werden Sie sich auf dem Hurricane/Southside andere Bands ansehen?

Auf jeden Fall! Arcade Fire habe ich schon sehr oft gesehen, eine fantastische Live-Band. Vor allem interessieren mich aber die Arctic Monkeys, die hab ich überhaupt noch nie gesehen.

Was können wir von Suede beim Hurricane/Southside erwarten?

Jedenfalls keine Gimmicks und irgendwelche Gäste oder dergleichen. Wir bieten eine hochenergetische Rockshow, und ich finde, wenn man sich so ins Zeug legt, lenken effekthascherische Einlagen nur ab.

Die Festivals

Hurricane 17. – 19. Juni Scheeßel, Eichenring

Southside 17. – 19. Juni Neuhausen ob Eck, take-off Gewerbepark

Bislang bestätigt: Foo Fighters, Blink 182, Arcade Fire, The Chemical Brothers, Portishead, Arc-tic Monkeys, Kaiser Chiefs, Clueso, The Hives, Suede, Kasabian, The Subways, Gogol Bordello, Flogging Molly, Elbow, The Wombats, Sublime With Rome, Two Door Cinema Club, Boysetsfire, Selig, Band Of Horses, The Sounds, Bright Eyes, All Time Low, Klaxons, Eels, Sick Of It All, Parkway Drive, William Fitzsimmons, Blood Red Shoes, Jupiter Jones, I Am Kloot, Friendly Fires, Darwin Deez, Converge, Comeback Kid, The Asteroids Galaxy Tour, Portugal. The Man, Kvelertak, You Me At Six, Warpaint, Brother, Cloud Control, Crookers, Trentemøller, MSTRKRFT, Hercules and Love Affair, Frittenbude, Egotronic.

Infos: www.hurricane.de; www.southside.de

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