„Jahresrückblick 2003 – Februar: „Bagdad Blues „

Donald Rumsfeld gab schon Ende 2002 den Marschbefehl in die Golf region, die Waffeninspekteure fanden endlich das, was sie „waffenfähige Güter“ nannten, und Tony Blair und George W. Bush drohten mit Gewalt, falls der Irak nicht Beweise für die Zerstörung seiner Massenvernichtungswaffen liefert. Da beginnen die ersten Demonstrationen. Auf der Berliner Großdemo spielen Wecker, Mey und Wader. Man wartete auf erste Reaktionen aus Köln und Düsseldorf, da liegt plötzlich eine Antikriegs-Single auf dem Tisch – aus Hamburg!

Die Musikgruppe FINK hatte sich nach einem Konzert in der Berliner Volksbühne mit den Schauspielern Peter Lohmeyer und Ulrich Tukur dazu entschlossen, Farbe zu bekennen. Mutig, wenn man bedenkt, dass konkrete Statements zur Weltlage in deutschen Independent-Kreisen nicht gerade zum Katechismus der Coolness gehören. Man hält sich zurück und lässt die üblichen Verdächtigen aus dem Mainstream ihren Protestkitsch aufführen. Häme war dem Projekt also sicher, zumal „Bagdad Blues“ nicht unbedingt zu Nils Koppruchs besten Kompositionen gehört. Das bürgerliche Feuilleton hatte auch nichts Besseres zu tun, als Versmaß und Reimschema zu bekritteln.

„Ja, der weiße Mann aus Texas/ Dreht den Teufel heut am Spieß/ Und alle, die ein anderes Lied singen /Grillt der Mann im Fegefeuer mit“, singt Lohmeyer, denn seit Michael Moore wussten wir, dass weiße Männer blöde sind – erst recht, wenn sie aus Texas kommen. Anti-Amerikanismus war gerade im Begriff, in Mode zu kommen, da mussten die Protestler sich den Populismusvorwurf schon gefallen lassen.

Dass Fink auch zu subtileren politischen Statements fähig sind, zeigten sie dann spätestens Ende August mit dem fabelhaften „Haiku Ambulanz“. (MB)

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