JULIAN LENNON – MAINZ, FRANKFURTER HOF

Ach, wie süß können kleine, späte Rachen sein. Man bekennt sich im Kollegenkreis freimütig zu Julian Lennon und seinem jüngsten Opus und alles zückt in puncto Kür gleich die 8,9-Punkte-Sean-Karte „wg. Exoten-Bonus, Experimentierfreudigkeit, Neuland-Betretens und sowieso“. Und dann gibt Sean sein „sensationelles einziges Deutschland-Konzert“, 70 Presse-Nasen und 50 zahlende Gäste wollen’s nur wissen – und gehen maßlos enttäuscht wieder heim. Der jüngste Lennon-Sproß, dem man angesichts des ganzen Medien-Schwurbels vorab wohl ein Heimspiel prophezeit hatte, verlieh seinem Frust betreffs mangelnder Akzeptanz von Person und Werk musikalisch dann nachhaltig Ausdruck.

Anders hingegen Stiefbruder Julian. Der ließ sich trotz langjähriger Bühnenabstinenz vom Sender SW3 dazu breitschlagen, sich live dem Publikum zu stellen und das Resultat auch noch in einem nicht gerade kleinen Sendegebiet dem Radio-Publikum ungeschönt zu präsentieren. Anfangs hatte er »die Hosen gestrichen voll“, wie er mir hinterher gestand, „und eigentlich war’s erst bei den letzten beiden Songs wirklich rund“, aber dafür bewies hier einer Haltung und ließ obendrein – von einem Schlagzeuger, der schleppte und die Einsätze hin und wieder verbaselte, samt einem Bassisten, der sein Instrument vorsichtshalber gleich zu 70prozentiger Schweigepflicht vergattert hatte, mal abgesehen – wahre Größe aufblitzen.

In den knapp 60 Minuten, die ihm die Radioleute zugestanden hatten, zauberte Julian – des weiteren unterstützt von zwei Gitarristen, Keyboarder Gregory Darling und einem Streichquartett – die Perlen seines „Photogmph Smile“ auf die Bühne des angenehm schicken „Frankfurter Hof“. Das anfänglich offenkundige Lampenfieber wich beim dritten Song, dem warmen, aber intensiven „I Should Have Known“, und als er dann im Zugaben-Teil seine göttliche Ohrwurm-Single „Day After Day“ intonierte, da war die Sache restlos rund, absolut perfekt – und einen Titel später aber auch leider zu Ende. Weshalb das Publikum – zwischen Unzufriedenheit (ob der Konzert-Länge) und Zufriedenheit (ob der Qualität) schwankend – den Heimweg in der Hoffnung antrat, daß auf diesen appetizer doch bitte bald das Menü in Form einer richtigen Tour folgen möge.

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