Karamba, Karacho!

Wie Heino dasselbe macht wie seit fünf Jahrzehnten – und den größten Erfolg seiner Karriere als Genugtuung feiert

Heino war schon immer da: ein blondes Fallbeil mit Grabesstimme, Stammgast in Opas Fernsehsendungen wie dem „Blauen Bock“, in denen gesäftelt, gesoffen und gedeutschtümelt wurde, krachdoofes Liedgut wie „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ schmetternd. Schon früh ließ er eine Autobiografie von gnädiger Selbstgerechtigkeit schreiben, in der er die notorische Sonnenbrille als medizinische Notwendigkeit erklärte, weil sich sonst seine Augäpfel nach außen wölben (Morbus Basedow). Den hellen Kopfputz trägt er bis heute, als 74-jähriger Entrepreneur, der es den Nachgeborenen noch einmal zeigt.

Heinos corporate identity und sein Marketing waren schon beispielhaft, als es diese Begriffe noch gar nicht gab. Der ehemalige Bäckerbursche war seit Mitte der 60er-Jahre das Antidot zu ausländischen Teufeln wie den Rolling Stones und den Beatles, der treudeutsche Kompagnon  von Freddy Quinn. Während Quinn die Wüste und das Meer besang, befasste Heino sich vor allem mit den Bergen – so bereiste der Deutsche auf seinem Plattenspieler noch einmal die einst besetzten Kriegsgebiete, die sich ihm jetzt freilich als Idyllen darboten: das Wasser klar, die Luft rein, die Frauen schön. So hätte es sein können, hätten die Defätisten und die Generäle nicht alles verdorben! Blondie rettete nun wenigstens das deutsche Liedgut und sang auch mal in den einstigen Kolonien in Afrika.

Seit er von einem Konzertveranstalter verklagt worden  war, weil ein ärztliches Attest fehlte, hatte Heinos Karriere eine unerfreuliche Wendung genommen. Eine Firma mit dem Namen Starwatch Entertainment erkannte schließlich das Potenzial des angeschlagenen Riesen und ließ ihn zu modernen Orchester-Arrangements schmissige Songs von den Ärzten, Rammstein, den Sportfreunden Stiller und Peter Fox singen. Das Album war noch gar nicht veröffentlicht, da beklagten sich Oomph!  über die Einverleibung durch den Schlagerfuzzi. Darauf hatten die Medien nur gewartet, doch Rammstein und Die Ärzte bissen nicht an, auch Westernhagen schaute dem Treiben gelassen zu. Dennoch posierte Heino stolz in den Boulevard-Sendungen: Es war der größte Erfolg in Heinos langer Karriere, ein Nummer-eins-Album. 

Auf sämtlichen Fotos und in allen Talkshows griente der bizarre Mann stereotyp, trug sein Totenkopf-T-Shirt und den Totenkopf-Ring, den er der Kamera entgegenstreckte. Heino fand alles gut, auch dass der hartleibige Campino erwartungsgemäß darüber klagte, dass Heino bessere Kritiken bekam als die Toten Hosen: Früher sei Heino doch stets zuverlässig der hässliche Deutsche gewesen. Der Gescholtene parierte, er habe 50 Millionen Platten verkauft, das werde den Hosen nicht mehr gelingen.  Und im Übrigen werde er jetzt der Jugend die deutsche Volksmusik nahebringen. Diese Bierzelt-Idee wird vermutlich daran scheitern, dass kein einigermaßen jugendlicher Mensch mit ihm singen will.

Bis der Papst zurücktrat, gab es in den Fernseh-Quatschbuden kein lauwärmeres Thema als Heinos feindliche Übernahme. Seltsam lustlos eierten Entertainment-Vertreter herum, weil sie das Husarenstück natürlich insgeheim bewundern und jeder Frank Zander, Tony Marshall, Bernhard Brink dasselbe gemacht hätte. Bei „Wetten, dass ..?“ wurde Heino dann schnell am Ende der Sendung in die Kulissen geschoben, wo er die Lippen zu „Junge“ bewegte, dem lustigsten Stück des Albums und dem einzigen, bei dem der Witz richtig funktioniert. Heino hält dem Nachwuchs eine Strafpredigt und verwendet all die Stanzen aus 50 Jahren schwarzer Pädagogik: Wie siehst du denn wieder aus, willst du nicht arbeiten, schau dir den Nachbarsjungen an, die nehmen doch alle Drogen, immer dieser Lärm, wie soll das noch alles enden.

Die Farce hat natürlich auch etwas Gutes: Wenn Heino jetzt Komödiant oder meinetwegen Comedian geworden ist, dann verschwindet das schwiemelige, infame Liedgut endlich für immer. Und die neuen Volkslieder stammen von den Toten Hosen.

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