Kinostart der Woche II: „Ich sehe den Mann Deiner Träume“

Mit diesem Film schlägt Woody Allen wieder einen leichteren Ton an, bleibt aber gewohnt geistreich und giftig. Angelegt wie ein Bühnenstück, dirigiert Allen ein wieder mal großartiges Ensemble mit amüsanter Gnadenlosigkeit durch die Tücken der Triebe und Reste an Liebe.

Europa tut Woody Allen gut. Er wirkt hier viel entspannter als in seiner Heimat Manhattan, wohin er zuletzt für die sehr boshafte Komödie „Whatever Works“ noch einmal zurückgekehrt war. Mit seinem vierten Film in London schlägt er wieder einen leichteren Ton an, dessen Witz dennoch gewohnt geistreich und giftig ist. Vor allem bei der schusseligen Helena (Gemma Jones) schimmert ein wunderbar trockener britischer Humor durch. Die alte Dame sucht Trost im Scotch und Rat bei einer Wahrsagerin. Ihr Gatte Alfie (Anthony Hopkins) hat sich nach 40 Jahren scheiden lassen, um das ebenso blonde wie dümmliche Callgirl Charmaine (Lucy Punch) zu heiraten.

Täglich erzählt Helena nun ihrer Tochter Sally (Naomi Watts), die Karten verhießen ihr spätes Liebesglück. Das Gefasel nervt besonders deren Mann Roy (Josh Brolin). Der Schriftsteller hat mal einen Bestseller verfasst und seither eine Schreibblockade. Abgelenkt wird er von der jungen Dia (Freida Pinto), die am offenen Fenster in roten Dessous auf der Gitarre übt. Und Sally träumt von einer Affäre mit dem Galeristen Greg (Antonio Banderas), als der ihr seine Eheprobleme beichtet.

Angelegt wie ein Bühnenstück, dirigiert Allen ein wieder mal großartiges Ensemble mit amüsanter Gnadenlosigkeit durch die Tücken der Triebe und Reste an Liebe. Wie er Ibsen und Gucci, Viagra und Seelenverwandschaft bis zum sarkastischen Schluss pointiert verknüpft, ist schlicht meisterhaft.

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Oliver Hüttmann

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