Kritik zu „Superman“: MAGA-Fans werden ausrasten
James Gunns Reboot von „Superman“ beginnt mit tiefen Griffen in die Superfreunde-Kiste und einem lockereren Ton, der die Silver-Age-Version des Mannes aus Stahl einfängt
Im Jahr des Herrn 2025 kann inzwischen jeder die Entstehungsgeschichte von Superman herunterbeten. Geboren als Kal-El auf dem Planeten Krypton. Von seinen Eltern zur Erde geschickt, bevor seine Welt unterging. Aufgewachsen in einem typischen, amerikanischen Kleinstadtidyll namens [nachgucken] Smallville. Zieht nach Metropolis und hält dank einer einfachen Brille seine geheime Identität als Clark Kent, Journalist beim Daily Planet, getrennt von seinem Job als Kerl mit dem „S“ auf der Brust. Hat eine Ferienwohnung weit, weit im Norden. Liebt seine schöne Kollegin Lois Lane. Abneigungen: Superschurken und Kryptonit.
Krypto, Kanonen und klassische Comic-Tropen
Diese Geschichte wurde millionenfach erzählt, nacherzählt, neu aufgewärmt und wiederbelebt – aber nie wirklich überarbeitet. Wir kennen sie alle. Und James Gunn weiß, dass wir sie kennen. Also spart sich der Autor und Regisseur von Superman, dem neuesten Kinoabenteuer mit dem Urvater aller Superhelden, überflüssige narrative Wiederholungen. Eine Reihe von Zwischentiteln setzt den Rahmen: Vor drei Jahrhunderten tauchten „Metawesen“ auf. Vor drei Jahrzehnten krachte der Baby-Kal-El in Kansas. Vor drei Jahren fing der mittlerweile erwachsene Außerirdische mit dem markanten Kiefer an, einen Umhang zu tragen. Und vor drei Stunden kämpfte er in Downtown Metropolis gegen einen Bösewicht namens Hammer von Boravien. Vor drei Minuten bekam unser Mann ordentlich eins auf die Mütze – und als wir ihn kennenlernen, liegt er blutend und geschlagen irgendwo im arktischen Kreis.
Superman (David Corenswet) ruft seinen treuen Gefährten Krypto, den Superhund. Der Vierbeiner schleppt seinen Herrn zurück zur Festung der Einsamkeit. Roboter verarzten ihn, schnallen ihn in ein Vergrößerungsglas-Dingens, damit ihn die „gelbe Sonne“ schnell wieder aufpäppeln kann. Während er regeneriert, sieht er sich die fragmentarische Botschaft an, die seine Eltern einst in seiner Rettungskapsel mitgeschickt haben. (Wir verraten nicht, wer seinen Vater spielt, aber so viel sei gesagt: Der Schauspieler hat schon einmal mit Gunn zusammengearbeitet.) Dann fliegt Superman los, zurück nach Metropolis, um hoffentlich den Hammer zu senken.
Exposition, Humor, Pathos, Intrigen, Konflikt, Fantasie und Spektakel
Weniger als fünf Minuten Laufzeit sind vergangen, und Gunn hat bereits die Vorgeschichte sowie die Grundlagen seiner Erzählung auf möglichst ökonomische Weise dargelegt. Dazu liefert er Exposition, Humor, Pathos, Intrigen, Konflikt, Fantasie und Spektakel. Wenige Minuten später befinden wir uns bereits in Runde zwei, als Lane (Rachel Brosnahan), ihre Kollegen vom Daily Planet und Feinde – insbesondere Lex Luthor (Nicholas Hoult), Erzfeind von Superman und dem Hair Club for Men – zusehen, wie der Gute gegen den Bösen kämpft.
All das ist inszeniert wie eine Reihe von Splash-Panels, die direkt aus dem Skizzenbuch auf die Leinwand gehüpft zu sein scheinen – ohne einen Funken an Action oder Verve zu verlieren. Es mag wie ein schwaches Lob klingen, selbst in der post-MCU-Ära des Genres, zu sagen, dass Superman ein solider Superheldenfilm sei; der Haken daran ist offensichtlich. Was Gunn geschafft hat, ist etwas Komplizierteres, Interessanteres und viel Schwierigeres: Er hat einen Superman-Film geschaffen, der sich tatsächlich anfühlt wie ein lebendiger, atmender Comic.
Silver Age trifft moderne Heldenlogik
Popcorn-selige Cineasten werden einen deutlichen Hauch von Richard Donners Superman aus dem Jahr 1978 riechen – dem Ursprungsfilm der heutigen Superhelden-Blockbuster-Welle – sowie von dessen pulpigerem, lebhafterem Nachfolger von 1980. Comic-Leser hingegen werden erkennen, dass die wahren Wurzeln dieses Films weit über die Siebziger hinausreichen. Gunn – nicht nur Mitglied von DC Studios, sondern deren Co-CEO – muss das Publikum nicht mehr davon überzeugen, dass ein Mensch fliegen kann.
Seine Aufgabe ist es jetzt, eine Version von Superman zu präsentieren, die der Mythologie und dem Anstand des Charakters treu bleibt, seine Pfadfinder-Haftigkeit abschwächt, ihn für ein modernes Publikum neu erfindet, das auf Mehrteiler und düstere, revisionistische Ansätze geprägt ist, und ihn gleichzeitig als einen entscheidenden Teil eines möglicherweise gewaltigen Universums etabliert. Ziel ist es, die Charakterdynamik der Donner-Ära zu kanalisieren, ohne deren Streben nach „Realismus“, und gleichzeitig dem Gedanken eines übermächtigen, außerirdischen Wächters, der gegen ebenso absurde Kreaturen kämpft, wieder Ehrfurcht einzuhauchen.
Um das zu erreichen, greift er auf den Superman der literarischen Silver Age zurück. Diese Geschichten, die grob von den späten Fünfzigern bis in die Sechziger reichen, neigten zum Fantastischen, Sci-Fi-Abgedrehten und bewegten sich im Zwischenreich zwischen Lächerlichkeit und Erhabenheit – sprich: ein Superhund mit Umhang. Der riesige Kaiju, gegen den Superman mitten in Metropolis kämpft, der „kosmische Kobold“, den andere Metawesen bekämpfen (gleich dazu mehr), das „Taschenuniversum“, das im zweiten Akt eine große Rolle spielt, die Roboter, die das Haus in der Einsamkeit hüten, Krypto als Agent des Hundewahnsinns – all das sind mehr oder weniger Silver-Age-Elemente, in die Gunn mit Begeisterung eintaucht. Er scheut weder das Absurde noch hohe Ambitionen, wenn es darum geht, einen überraschend verletzlichen Mann aus Stahl zu zeigen, der trotzdem unmissverständlich gottgleich bleibt.
Gerechtigkeitsbande, Glatzengegner, Großdiskussionen
Der Film bringt auch eine Reihe von Nebenfiguren mit, die in einem Gebäude wohnen, das Fans von Samstagmorgen-Zeichentrickserien bekannt vorkommen dürfte, und die sich vorerst „Justice Gang“ nennen. Der Green Lantern ist nicht Hal Jordan, sondern Guy Gardner (Nathan Fillion, in Bestform), der notorische Idiot des Green Lantern Corps. Hawkgirl (Isabela Merced) kann fliegen, kreischen und einen Thanagarianischen Streitkolben schwingen. Mister Terrific (Edi Gathegi aus For All Mankind) ist ein Genie, das auf einem unsichtbaren Thron herumfährt und Unmengen Hightech zur Verfügung hat.
Später hilft ein Held namens Metamorpho (Anthony Carrigan), der seinen Körper in jedes erdenkliche Element verwandeln kann, in brenzligen Situationen. Vom Daily Planet sind Jimmy Olsen (Skyler Gisondo) und Perry White (Wendell Pierce) ebenfalls dabei. Auf der Seite der Bösewichte stehen die Engineer (María Gabriela de Faría), eine Art menschlicher Server mit Kampffähigkeiten, Ultraman, ein mysteriöser maskierter Handlanger ohne Bezug zu jenem Ultraman, und natürlich Mr. Luthor.
Lex ist ein Drittel des Dreiecks, das Superman-Erzählungen seit jeher dominiert – neben Lois und Clark. (Und ja, es gibt eine kanontreue Erklärung für die Sache mit der Brille.) Der Film profitiert von einem gut ausgewählten Ensemble, das sich einig ist, auch wenn viele Figuren – einschließlich Supes selbst – dazu neigen, in Gunns charakteristischem, halb-sarkastischem Ton zu sprechen; das erinnert gelegentlich an die ersten Avengers-Filme, in denen alle ein wenig so reden, als wären sie in einer Folge von Buffy gelandet.
The Marvelous Mrs. Maisels Brosnahan bleibt wunderbar in ihrer Lane
Doch das Kerntrio ist es, das Superman hilft, die geerdeteren Aspekte des Films zu verankern. Hoults Luthor ist eine erkennbar buchnahe Version des Bösewichts als böser CEO und Strippenzieher, samt einem Team von Lakaien, die Überwachungssysteme bedienen, Daten analysieren und große DOGE-Energie versprühen. Er ist etwas kalkulierender und beiläufig reptilischer als frühere Interpretationen, aber genauso verbittert darüber, dass sein Verstand nicht so sehr gewürdigt wird wie die Muskelkraft seines Rivalen. The Marvelous Mrs. Maisels Brosnahan bleibt wunderbar in ihrer Lane und hat das Glück, eine Lois spielen zu dürfen, die längst weiß, dass Clark ein Doppelleben führt.
Früh im Film fordert sie ein offizielles Interview mit ihrem Freund – aber als Superman. Er sagt bereitwillig zu. Das Ganze wird zu einer hitzigen Debatte über große Kräfte und große Verantwortung, staatliche Kontrolle vs. Eigenmächtigkeit, politisches Image vs. Menschenleben und ob Superman eigentlich „punk“ ist oder nicht. Es sind fast zwölf Minuten kluger Dialog in einem Blockbuster voller Krach und Bumm – und so aufregend wie jede Flug- oder Kampfszene mit Wackelkamera.
Superman als Spiegel, Statement und Stütze
Und dann ist da Corenswet, der es irgendwie schafft, diese Ikone – fest eingebrannt ins kollektive Gedächtnis – zu etwas Eigenem zu machen. Corenswet ist kein völlig Unbekannter – vielleicht kennt man ihn noch als schnöseligen Tornadojäger aus Twisters –, aber der Schauspieler bringt kaum Ballast mit und strahlt enorm viel Präsenz und Charme aus. Er ignoriert frühere Interpretationen nicht, sondern bleibt einfach Gunns Drehbuch treu und ergänzt dessen Tonfall. Mit Brosnahan funktioniert die Chemie großartig – DCs erstes Paar wirkt tatsächlich wie ein echtes. Man sieht ihn nicht oft genug als Clark, um dessen Sicht auf seine „brave“ Seite einschätzen zu können.
Doch man spürt, wie Corenswet Superman mit Standhaftigkeit, Witz, innerem Konflikt und Respekt für Wahrheit, Gerechtigkeit und den amerikanischen Weg ausstattet – bevor dieser Ausdruck zum Widerspruch wurde. Es ist keine auffällige Performance, zumal der Film selbst ein einziges großes Spektakel ist, das nicht nur einen Superhelden, sondern ein ganzes Universum verknüpfter Geschichten und endloser Sagas etablieren soll. Er trägt einfach das ganze Megillah, mit derselben Hingabe, mit der sein Charakter einstürzende Hochhäuser stützt, um Unschuldige zu retten.
Politisches Pop-Art-Plädoyer
Ist Superman gerade genug – oder schon zu viel? Der Film trifft jedenfalls fast jeden Zielpunkt, den man erwartet – außer bei der Frage, welche Comictiefenschnitte reiner Fan-Service und welche tatsächlich erzählerisch nützlich sind, und wann Showdowns ihre Willkommenszeit überschreiten. Aber Gunns Prägung dieser Mythologie – und seine Nutzung als Statement darüber, wohin er das Franchise führen will – ist größtenteils ein großer Spaß. Und das kann man heute über Superheldenfilme nicht mehr allzu oft sagen.
So unterhaltsam, dass man fast übersieht, was Gunn da alles eingebaut hat. Superman, erschaffen von zwei jüdischen Künstlern in den 1930ern, war immer ein Außenseiter, ein „Other“, ein Einwanderer. Das ist Fakt – und da Fakten für Rechte inzwischen Kryptonit sind, ist es kaum überraschend, dass MAGA-nahe Schreihälse diese Tatsache im neuen Film anprangern. Interessanter ist, wie Gunn damit umgeht. Luthor, ein Mann, der Diktatoren sponsert und „König sein will“, verwandelt Supermans Herkunft in eine Schmutzkampagne.
Er manipuliert die Öffentlichkeit, um Superman zu fürchten und zu hassen, und nutzt politisches Kapital, um ihn auszuschalten. Alles zu seinem eigenen Vorteil und zur Machtkonsolidierung. Pop-Art mag politisch sein – oder auch nicht. Doch trotz aller Lügen und verdrehter Wahrheiten bleibt eines klar: Auf wessen Seite Superman steht. Dasselbe gilt für Gunn. Hoffentlich auch für dich.