LENNY KRAVITZ

Röhren-Verstärker und Echsenhaut-Hosen geben Zeugnis davon, daß er die Tradition über alles liebt Kann man sich den RockVRoU-Exegeten auch in kurzen Hosen vorstellen? „Nein“, lacht Kravitz. „Khakis kann ich nicht leiden. Beige steht mir nicht. Nur, wenn’s eine alte Army-Hose ist“ Auf seinem letzten Album („Grats“ aus dem Jahre 1995) hatte er zwar das Motto ausgegeben: „Rock’n’Roll Is Dead“, doch siehe da: Er lebt nochauch wenn Kravitz auf seinem neuen Werk durchblicken läßt, daß die digitalen Segnungen nicht ganz an ihm vorbeigegangen sind. Sogar einen Mini-Moog hat er zu bedienen gelernt! Und auch inhaltlich wandelt er zwischen zwei Welten: „5“ beinhaltet eine rührende Erinnerung an seine verstorbene Mutter, gleichzeitig aber auch eine utopistische Ode an das androide Dream-Girl mit der „Electronic Clit“.

Was bedeutet die „5“? Es ist mein fünftes Album. Ganz schön tiefschürfend, was?

Hast Du jemals die Jackson 5 gesehen?

Ich habe sie im Madison Square Garden erlebt, als ich acht Jahre alt war. Mein Vater hatte die Tickets besorgt, ich saß gleich neben Aretha Franklin. Michael sang sich den Arsch ab, alle waren wild am Tanzen. Vergeß ich nie.

Das Album beweist, daß Du auf die technologischen Segnungen wohl doch nicht völlig verzichten willst- …meine analoge Liebe aber auch nicht verraten habe. Ich hab digital aufgenommen, dann aber die Bänder durch so viele Röhren und Analog-Maschinen gejagt, daß eine interessante Mixtur aus Alt und Neu entstand.

Warum die Sinnesänderung? Ich brauchte einfach ein paar neue Farbtupfer, mit denen ich spielen konnte. Die ersten vier Alben bilden eine abgeschlossene Phase; die „Rock’n’Roll Is Dead“-Episode war der Schlußpunkt Ich mußte damals viel wegstecken. Während der Aufnahmen zu “ Grats “ starb meine Mutter, und ich hatte die Schnauze voll von den Managern, Buchhaltern, dem ganzen Rock ’n’Roll-Zirkus. „Was ist bloß aus meinem Leben geworden?“, schoß es mir durch den Kopf. Heute kann ich drüber lachen.

Zeitweise konntest Du es nicht? Nein. Wenn man anfangt, klammert man sich an seine Ideale und an seine Idole. Du sagst zu dir selbst: ,Jimi hätte sowas nicht getan!“ Natürlich weißt du nicht, was er getan hätte oder heute tun würde; das spielt sich ausschließlich in deiner Phantasie ab. Letztlich geht es um diesen ewigen Konflikt mit dem Musikbusiness. „Verdammt, ich bin Musiker!“, sagst du dir – und steckst schon in Teufels Küche. Ich war unglaublich verkrampft und besorgt, nur ja nicht meine Integrität zu verlieren. Robert Plant hat mir in dem Punkt den Weg gewiesen.

Robert Plant?

Ja. Er spielte einmal den Support auf meiner Europa-Tournee. Support für mich! Völlig absurd!. Jedenfalls hat er mir gesagt: „Mann, nimm nicht alles so verdammt ernst Sei locker!“ Da ist diese lebende Legende, und benimmt sich wie ein Kind, er will einfach Spaß haben. Und er hat völlig recht: Dieses Geschäft ist so krank, daß man nur drüber lachen kann.

Hast Du je darüber nachgedacht, auch Deine Zöpfe abzuschneiden? Symbolisch, sozusagen? Ja. Bei den Aufnahmen zu diesem Album wollte ich einen Neuanfang, in jeder Beziehung. Ich stand schon mit einer Schere vor dem Spiegel. Und einige Leute kreischten: „Tu’s nicht, Lenny, tu’s nicht!“ Andere schrien: „Genau. Mach es!“ Ich hab die Mahne jetzt seit neun Jahren; sie hat mich auf all meinen Stationen begleitet Irgendwie hab ich’s nicht übers Herz gebracht, mich von ihr zu trennen. Für einen Film werd ich’s tun.

Für einen Film?

Ja, zur Zeit ist gerade ein Skript für mich in Arbeit Und es gibt noch einen Low-Budget-Film, der mir schon seit Jahren durch den Kopf schwirrt. Ich fang mit dem Schreiben an, wenn ich auf Tour gehe. Im Bus muß ich eh die Zeit totschlagen.

„Black Velveteen“ behandelt das Thema „Sex mit einem Roboter“, aber sonderlich zukunftsbegeistert klingst Du dabei nicht..

Alle wollen sie virtuelle Welten erschaffen, und da alle auch Probleme mit ihren realen Partnern haben, sind die virtuellen Playmates nur eine Frage der Zeit. Darum geht es in dem Song. Du kannst sie ganz nach deinen Wünschen programmieren – ob du dich nun mit ihr über Philosophie unterhalten willst oder irgendeine abgefahrene Sex-Variante bevorzugst. Die virtuelle Gespielin wird kommen, und mich ekelt jetzt schon davor.

Klingt nicht so, aus würdest Du Dir so ein Gerät jemals zulegen wollen.

Nein, ich mag starke Frauen. Okay, erzähl den starken Frauen dort draußen doch mal, was sie bei einem Date mit einem der begehrtesten Junggesellen erwarten würde.

(Macht auf weltmännischen Liebhaber) Also, zunächst einmal würd ich sie mit meiner Corvette zu Hause abholen. Dann würden wir in ein angesagtes Restaurant fahren und das teuerste Menü auf der Karte bestellen. Nach dem Dessert dann zu einem lauschigen Ort, wo wir unsagbar heiße Liebe machen würden. (Bricht lachend zusammen) Nein, im Ernst, ich bin ein völlig normaler, durchschnittlicher Bursche. Ich würde gerne mit ihr Spazierengehen, mir Dinge anschauen, Museen zum Beispiel. Hast Du überhaupt eine Corvette? Nein, aber ich hab ein paar andere Schlitten. Mein Favorit ist ein alter Lincoln Continental mit den „suicide doors“. Spezialanfertigungen, wohin das Auge sieht Kühler, Türgriffe und Radkappen sind vergoldet, innen habe ich rotes Licht. Ein heißes Modell.

Und so was nennst Du normal und durchschnittlich?

Okay, ich hab mir im Laufe der Jahre viel zu viel von dem sinnlosen Krempel zugelegt Vielleicht sollte ich ’nen kleinen „Garage Säle“ machen, den „Lenny Kravitz-Flohmarkt“. Vielleicht aufMTV? Und dann den ganzen Erlös einer guten Sache spenden!?

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