„M3GAN 2.0“ ist zu exakt 0,0 Prozent anschaubar

Die Horrorpuppe ist jetzt also ein Actionheld? Sie bekämpft Tech-Typen mit Kung-Fu? Was zum Teufel ist hier los?

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Horror-Fortsetzungen laufen oft nach dem Prinzip „Was einmal funktioniert hat, klappt auch beim zehnten Mal“. Michael/Jason/Freddy/Ghostface/Chuckie haben in Teil 1 dies und das gemacht. Hier kommt es jetzt noch einmal. Und noch einmal. Und noch zehnmal. Manchmal werden die Macher ehrgeizig oder absurd. „Lasst uns ein Crossover machen! Und dann schicken wir einen davon ins All!“ Aber in der Regel geht es darum, das abzuliefern, was die Fans ursprünglich erschreckt, begeistert usw. hat. Römische Ziffern drauf, fertig. Bis dann irgendwann das unvermeidliche Meta-Reboot kommt. Nur die Masken wechseln gelegentlich.

Horror-Action statt Horror-Horror

Zu ihrer Ehre haben die Verantwortlichen hinter M3GAN 2.0 sich nicht an diesen üblichen Teil-II-Fahrplan gehalten. Sie hätten sich den einfachen Weg machen können, einfach ihre psychopathische Kewpie-Puppe aus dem Hit von 2022 zurückbringen und ein wenig Fan-Service abziehen lassen. Hier ein bisschen Gestocher. Da ein paar campige Seitenkommentare. Mehrere Wiederholungen des mittlerweile ikonischen Tanzes. Stattdessen haben sie sich für eine unerwartete, aber dennoch vertraut wirkende Abzweigung entschieden. Das Model 3 Generative Android mit Hang zur Zerstörung ist zurück. Aber diesmal ist sie … eine Actionheldin.

Trotz des Schraubenziehers direkt ins Motherboard am Ende des vorherigen Films ist der Bot zurück. Und sie teilt ordentlich aus. Fliegt mit Wingsuit von Klippen. Und beteiligt sich an allerlei „Mission: Impossible“-artigen Späßen im Silicon Valley. In der Theorie klingt dieser Kurswechsel vielleicht interessant. In der Praxis? Holla die Waldfee. Aus ihr eine Art M3GAN-Bond zu machen, muss sich wie ein Upgrade angefühlt haben. Das Ergebnis erinnert allerdings eher an das Microsoft Bob unter den Horror-Fortsetzungen. Ihr Modell ist 2.0. Der überladene, unterwältigende, narrativ unruhige Film selbst ist 0,0 Prozent sehenswert.

Größere, schnellere, bessere Kung-Fu-kämpfende Maschine

Lange Rede, kurzer Sinn. Es gibt eine neue Puppe in der Stadt. Kurze Rede unnötig in die Länge gezogen: Die originale M3GAN – jetzt nur noch eine schwebende Intelligenz, die auf Smart-Geräten auftaucht und bissige, passiv-aggressive Kommentare ablässt – muss in eine größere, schnellere, bessere Kung-Fu-kämpfende Maschine hochgeladen werden, um sie aufzuhalten. Gemma (Allison Williams), ihre Schöpferin, ist inzwischen führende Anti-KI-Aktivistin. Cady (Violet McGraw), das Mädchen, dem M3GAN einst gehörte, ist immer noch traumatisiert von ihrem durchgedrehten Begleitroboter, kann jetzt aber Aikido.

Irgendwie ist das Blaupausen-Material von Gemmas Lieblingsprojekt beim Militär gelandet, das daraus Waffendroiden gebaut hat. Der Prototyp namens Amelie (Ivanna Sakhno) wurde an den saudischen Geheimdienst verliehen – die Mission läuft nicht wie geplant. Amelie überschreibt ihre Hauptdirektive und beginnt mit ihrer wahren Agenda: sich ins Internet hochzuladen und alle Netzwerke zu übernehmen – Weltbeherrschung und so weiter, und so fort.

Klischeefiguren, KI-Diktatur und viele lose Fäden

Es gibt dämliche FBI-Agenten, generische, schwer akzentuierte Schläger, einen Wolf-im-Schafspelz-Techbro (Aristotle Athari) und einen Tech-Milliardär (Jermaine Clement), der eine Mischung mehrerer realer Albtraum-Chefs ist, aber auch einfach „Melon Tusk“ heißen könnte. Apropos Namen: Lob an Drehbuchautor und Regisseur Gerard Johnstone für das Platzieren eines MacGuffins in einem fiktiven Unternehmen aus den 1980ern, das ursprünglich Kopierer herstellte und später in andere Tech-Bereiche expandierte – und das er „Xenox“ nennt. Wir haben keine Ahnung, auf welches echte Unternehmen das anspielen soll. (Allerdings applaudieren wir seinem visuellen Metropolis-Zitat während eines von rund einem Dutzend Finalen des Films.)

Man bekommt außerdem Williams, die sich redlich bemüht, zwischen besorgtem und sehr besorgtem Gesichtsausdruck zu wechseln; so viele narrative „Wendungen“ und Enthüllungs-Rückschläge, dass man sich vielleicht ein Schaubild anlegen möchte; und Langeweile. Zwei Assistenten, gespielt von Jen Van Epps und Brian Jordan Alvarez, fungieren wie Engelchen und Teufelchen auf Gemmas Schultern, wirken aber eher wie Figuren, deren Charakterbögen aus Zeitmangel nie fertiggeschrieben wurden. Mehrere Tschechow’sche Gewehre – ein Neurochip, ein Exoskelett, irgendein Gerät, das rebellische Roboter abschalten kann, bevor sie eine toxische Dosis Shade werfen – werden auf den sprichwörtlichen Kaminsims gelegt, mit riesigen Neonpfeilen darauf zeigend.

Was fehlt? Spannung, Stil und Selbstironie

Was man in M3GAN 2.0 nicht bekommt: Grusel, „Oh Snap!“-Sprüche oder irgendeine Form von Spaß. Abgesehen davon, dass unsere Antiheldin kurz mal Kate Bushs „This Woman’s Work“ anstimmt, fehlt es komplett an dem, was den Originalfilm für Genre-Fans zu einem Knaller und für Meme-Freunde zu einem selbstironischen Fest gemacht hat. Wir hätten viel lieber eine Spielfilmversion dieser fiktiven IP-Fortsetzung gesehen als diesen billigen Actionabklatsch. Es ist, als hätten die Macher des ersten Films geglaubt, dass es allein auf die Puppe ankommt – dass sie so beliebt sei, dass man sie in jede x-beliebige Story stecken könne und das Publikum sie trotzdem feiern würde. Nachahmerfilme können eine Franchise bis zum letzten Tropfen auspressen. Doch solche, die vergessen oder ignorieren, warum etwas ursprünglich funktioniert hat, können sie zerstören. Da wirkt plötzlich eine generische Wiederholung der Version 1.0 gar nicht mehr wie ein so schlechtes Angebot.