Neil Young: „Le Noise“ komplett im Stream
Songs wie aus der Echokammer: Neil Young begibt sich auf "Le Noise" unter Anleitung und Einfluss von U2-Produzent Daniel Lanois in neue Klanggefilde. Das wird nicht jedem gefallen. Wer sich noch nicht rantraut, kann das Album nun in voller Länge vorhören.
Die Aufnahmen zu „Le Noise“ beschrieb Produzent Daniel Lanois so: „Ein Mann auf einem Stuhl – und ich, der einen guten Job bei der Aufnahme abliefert.“ Nun ja, gerade das mit dem „guten Job“ wird sicherlich die Gemüter spalten, denn Lanois zeigt sich durchaus in Experimentierlaune und scheint besondere Freude daran zu haben, mit Feedbackschleifen im Haar durch die Echokammer zu jagen. Oder so ähnlich. „Neil hatte unglaublich viel Verständnis für die Klänge, die wir ihm präsentiert haben“, so Lanois weiter. „Er kam zur Tür rein, und ich drückte ihm eine Akustik-Gitarre in die Hand – eine, an der ich lange gearbeitet hatte, um damit einen völlig neuen Sound zu kreieren.“
Lanois‘ Eifer kann man dabei in einigen Statements durchaus als streberhaft, wenn nicht gar als großkotzig, auslegen: „Ich wollte, dass er versteht, dass ich Jahre mit der Erschaffung dieser Klänge verbracht hatte und dass ich ihm etwas geben wollte, was er noch nie zuvor gehört hatte.“ Große Worte, die Lanois noch toppen kann: „Es ist schwierig, nach 50 Jahren Rock’N’Roll einen neuen Sound zu erfinden, aber ich denke, wir haben es geschafft.“
Genau dieser Sound wird nun polarisieren: Ein guter Beleg dafür ist der Song „Hitchhiker“, der Young-Experten ein alter Bekannter sein dürfte – wie Maik Brüggemeyer bereits in der letzten Woche darlegte. Während der Autor dieser Zeilen den Song für einen der besten des Albums hält und Youngs Drogenbiographie genau so vorgetragen haben wollte – nämlich mit einer Stimme, die wie eine Mahnung aus der nebeligen Vergangenheit in die Gegenwart weht und einem bedrohlichen Gitarrenbrummen, das diese Wirkung noch verstärkt – ist unser Rezensent Jan Wigger in unserer Oktoberausgabe eher not amused: „Hitchhiker“ ist einer dieser Uralt-Songs, die Young noch auf Halde hatte: „A little cocaine went a long long way/ To ease that different load/ But my head did explode/ My head did explode.“ So weit ist es noch nicht, doch auch hier ersäuft die einst so herzerweichend nackte Stimme in Hall und Echo. Für unsere Leser unter 50: Es gibt ein Tocotronic-Fragment namens „Meine Schwester“, auf der Ähnliches mit einfachsten Mitteln und dem schrulligen Produzenten Hans Platzgumer ganz natürlich funktioniert.“ (Die vollständige Rezension kann man in der kommenden Ausgabe nachlesen).
Wie man den Lanois-Sound und Youngs Kompositionen auf „Le Noise“ nun finden mag, kann man nun per Albenstream herausbekommen…
Das Making of von „Le Noise“:
Der Clip zu „Hitchhiker“:
Daniel Koch