Neu im Plattenregal

Hier nun wie jede Woche der virtuelle Einkaufszettel für den wöchentlichen Gang zum Neuheitenregal, dargereicht mit Videos, Rezensionen, Albenstreams und was das Netz so hergibt. Heute u. a. mit: KORT, Clinic, Carl Barât und Selig.

Carl Barat – „s/t“
Unser Rezensent Frank Lähnemann ist voll des Lobes für das Solodebüt des Ex-und-nun-wieder-doch-eventuell-Libertines-Mitglieds: Der Mann, der zurzeit alles zum Gelingen bringt (seine Memoiren, die Libertines-Live-Reunion, wahrscheinlich wird er auch noch ein guter Vater sein!), überrascht nach dem Ende seiner zweiten Band Dirty Pretty Things auf seinem ersten Soloalbum mal als Crooner, mal mit Sprechgesang und rückt damit in die Nähe von Berufsmelancholikern wie Babybird, Gavin Friday, Jack bzw. Jacques und Divine Comedy. Wer hätte das gedacht – und wer hätte es vermutet, hinter diesem widerwärtig schleimigen, unsympathischen Cover. Aber das ändert ja nichts an der musikalischen Qualität, die wir mit satten vier Sternen bedenken (hier gibt’s die Rezension bereits online). Ach, hätte nur das Cover ein wenig von der so herrlich britischen Ästhetik dieses Videoclips abbekommen:

Clinic – „Bubblegum“
Und schon wieder vier Sterne. Diesmal vergeben von Maik Brüggemeyer in seiner „Freispiel“-Kolumne: Akustische Gitarre, „Uuuuoooh“-Säuselchöre, schleppender Beat, tänzelnder Bass – erst als Ade Blackburns quengelige Stimme einsetzt, glaubt man, was auf dem Cover steht: Das ist tatsächlich das neue Clinic-Album. Doch statt eines schrägen, hysterisch treibenden B-Movie-Soundtracks gibt es dieses Mal Traumlandschaften aus sublimen Melodien, Tindersticks-Pop, Richard-Hawley-Schmelz mit Streichern, Cembalo und Dulcimer. Es ist ein bisschen wie David Lynchs „Straight Story“ schauen – man wartet auf den erlösenden Wahnsinn (der nicht kommt). Eine unheimlichere Platte hat man in diesem Jahr noch nicht gehört. Wer das so nicht glauben mag, der kann sich das gute Stück hier in voller Länge anhören:

Joe Cocker – „Hard Knocks“
Nicht gut weg bei uns kommt der Mann, der uns wohl die fürchterliche Floskel „Reibeisenstimme“ eingebracht hat. Joe Cockers vom Titel her eher nach Jay-Z klingendes Album bekommt in der aktuellen Ausgabe magere 1,5 Sterne. Die Erklärung: Der Alte gibt nicht auf. Er brüllt und presst weiter, diesmal unterstützt von Matchbox-Twenty-Produzent Matt Serletic. Der hat Cockers Blues ordentlich blankgeputzt, bis kaum noch Nackenschläge zu spüren sind. Schade eigentlich. Zur Ehrenrettung überlassen wir Mr. Cocker an dieser Stelle noch mal das Wort:

Crocodiles – „Sleep Forever“
Die beißen nicht, die wollen bloß shoegazen. Und machen das in der Dreieinhalb-Sterne-Liga: Art-Punk, Shoegazer, The Jesus And Mary Chain, Velvet Underground, dazu eine Beilage Krautrock: Crocodiles aus San Diego richten sich weiter in ihrer toll dekorierten Indie-Punk-Höhle ein. So die Kritik in unseren Oktoberquickies. Hier das aktuelle Video zu „Hearts Of Love“:

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Dirk Darmstaedter & Bernd Begemann – „So Geht Das Jede Nacht“
Der Oktober scheint der Monat der Duette zu sein. Kurt Wagner & Cortney Tidwell, Nick Hornby & Ben Folds, Dirk Darmstaedter & Bernd Begemann, Belle & Sebastian – nö, die natürlich nicht. Darmstaedter und Begemann nehmen sich auf ihrem gemeinsamem Album den Fifties-Rock’n’Roll im Geist von Peter Kraus und Ted Herold vor. Und das durchaus gekonnt – findet Arne Willander: Doch die Tanzschaffe und die Schmachtfetzen auf „So Geht Das Jede Nacht“ werden so detailversessen und liebevoll inszeniert, dass einem das Herz aufgeht. Am heutigen Abend treten die beiden übrigens beim Bundesvision Song Contest an, wo sie hoffentlich Unheilig mit einem galanten Hüftschwung von der Bühne schubsen werden. Und vielleicht fragt sich „Der Graf“ dann ja auch das, was Begemann im amüsanten Clip seiner Band zuruft: „Hey Jungs, warum spielen wir diesen Mist? Was ist mit unseren Träumen geworden?“

Selig – „Von Ewigkeit Zu Ewigkeit“
In einem Clip zu ihrem Antritt beim Bundesvision Song Contest, bei dem sie heute antreten, stellen Selig sehr richtig fest: „Der Hamburger hat vielleicht einen Hang zum Pathos. Wenn er denn aus sich rauskommt.“ Was natürlich augenzwinkernd gemeint ist, aber im Falle von Selig ja auch nicht wirklich falsch, denn ihr angstfreier Umgang mit pathetischen Metaphern macht ja für viele den besonderen Reiz dieser Band aus. Dass sie das noch beherrschen, beweisen sie auch auf ihrem neuen Album. „Deutschrock, der hoch hinaus will“, konstatiert Rezensent Gunther Reinhardt. Die vollständige Kritik kann man bereits online bei uns lesen. Hier der aktuelle Clip zur aktuellen Single:

Selig — Von Ewigkeit zu Ewigkeit – MyVideo

Superchunk – „Majesty Shredding“
„Here’s To Shutting Up“ hieß ihr vorletztes Album aus dem Jahre 2001. Und dann taten sie leider genau das: Sie hielten neun Jahre lang den Mund. Dabei sind die kreativen Köpfe Mac McCaughan und Laura Ballance inzwischen veritable Indielegenden. Was auch daran liegen könnte, dass sie seit 1989 das Label Merge Records betreiben, mit dem ihnen unlängst in den Staaten der Sprung an die Spitze der Albencharts gelang. Nicht mit ihrem neuen Superchunk-Album, sondern mit „The Suburbs“ von Arcade Fire. Aber einen vergleichbaren Hype und Bombast hat die Band aus North Carolina, die dort Anfang der 90er die Indieszene in Chapel Hill nach vorne brachte, auch gar nicht nötig. So klingt auch ihr neues Werk „Majesty Shredding“ nach Superchunk im besten Sinne – punkig und mit Spaß an Rotz und Melodie.

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Yann Tiersen – „Dust Lane“
Man fragt sich, ob der Soundtrack für „Amélie“ für Yann Tiersen eher Fluch oder Segen war, reduzierte es ihn doch auf das melancholische, höchstfranzösische, aber auch ein wenig zu niedliche Klavierspiel, durch das Audrey Tautou tänzelte, litt und lachte. Sein sechstes Studioalbum zeigt ihn nun von einer düsteren, verletzlicheren Seite, denn während der Aufnahmen verstarb seine Mutter und einer seiner engsten Freunde – was sich natürlich auch in seiner Musik wiederfindet. Kürzlich stellte er das Album live auf dem Route Du Rock-Festival vor. Ein Auftritt, den man sich hier anschauen kann:

Suzanne Vega – „Close-Up 2: People & Places“
Der zweite Teil ihrer akustischen Vergangenheitsaufbereitung. Das Konzept: Suzanne Vega sortiert ihre Songs nach Themenblöcken, spielt sie in reduzierten Versionen neu ein und veröffentlicht das Ganze peu à peu auf vier CDs. Nach den „Love Songs“ kommen nun jene aus dem Themenfeld „People & Places“. Das so simple Konzept ist dank ihrer nach wie vor recht wundervollen Stimme nicht ohne Reiz. Wie es klingt, kann man hier anhand ihres wohl bekanntesten „People“-Songs hören:
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Kurt Wagner & Cortney Tidwell – „Invariable Heartache“

„Invariable Heartache“ ist eine Sammlung von Tidwells und Wagners Lieblingsliedern aus den Archiven des Country Labels Chart Records. Mit der Platte wollen die beiden auch der Country-Welthauptstadt Nashville ihren Tribut zollen. Den großen und kleinen Karrieren, gescheiterten Existenzen und zerstörten Ehen. Ein Tribut an Nashville – was ja nicht gerade die neueste Idee ist – kann natürlich auch fürchterlich in die Hose gehen. Aber unsere Rezensent Rüdiger Knopf gibt in unserer aktuellen Oktoberausgabe Entwarnung: Die beiden begegnen ihrem Material mit einer wunderbaren Mischung aus Ernsthaftigkeit, Sentiment und Leichtigkeit. Das Themenspektrum, also Liebesleid (viel) und -glück (wenig), Einsamkeit, Entsagung und Trauer, wird mit keiner Geste gebrochen. Hier gibt’s eine Kostprobe:

KORT – Incredibly Lonely by cityslang
Und hier noch ein schönes Making of der Platte:

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In diesem Sinne, viel Spaß beim Einkauf.

Zusammengestellt von: Daniel Koch

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