Neues von Napster

Es muss am Frühling liegen. Nachdem es monatelang einen ergebnislosen Eiertanz um die Frage gab, wie mit Napster und seinen Ablegern zu verfahren sei, kommt auf einmal Schwung in die Chose. Täglich hagelt es neue Agenturmeldungen über Allianzen, Vertriebsmodelle und neue Schutzmechanismen gegen das illegale Kopieren von geschützter Musik. Auslöser der plötzlichen Eile ist das Urteil des US-Berufungsgerichts vom Februar dieses Jahres: Napster dürfe zwar online bleiben, müsse jedoch mit Filtern die eindeutig illegalen Downloads unterbinden. Dazu erhält Napster von Plattenfirmen Datei-Listen mit urheberrechtlich geschützten Songs. Versucht ein Nutzer nun, diesen Titel anzubieten, wird sein Konto durch den Filter umgehend blockiert.

Ein erster Erfolg also fiir die gebeutelte Industrie? „Ich finde das alles sehr zwiespältig“, kommentiert Smudo, Labelinhaber und Fanta 4-Musiker, das Urteil wenig euphorisch. „Es ist zwar segensreich, dass es diese Verordnung nun gibt. Aber Napster wird auch durch den Einsatz von Filtern kaum vollständig ausgehebelt werden können.“

Eine Einschätzung, die so richtig wie einfach belegbar ist. Zwar hat Napster durch die Filter 60% weniger Anwender zu verzeichnen, doch wer bei seiner Suche etwas Phantasie entwickelt, wird problemlos fündig. So fuhrt zum Beispiel „usicM“ und „adonnaM“ schnell zu Madonnas letzter Single „Music“.

Aber die Zeiten, in denen Millionen Nutzer die Spielregeln nach Belieben vorgeben konnten – sie sind trotzdem vorbei. Napster wird den „Umsonst“-Nimbus durch die Bertelsmann-Allianz eher früher – die Rede ist von Juli als später verlieren. Und auch die anderen Majors sind aus dem digitalen Dornröschenschlaf erwacht und bieten ernstzunehmende Alternativen an. So wird Vivendi-Universal mit Sony unter dem Namen JDuet“ firmieren; eine andere Kooperation aus EMI, Warner und BMG heißt „Music Net“. Und auch MTV und Microsoft planen eigene Portale mit gebührenpflichtigen Downloads.

Damit die ordentlich bezahlten Dateien jedoch nicht gleich wieder weiterkopiert werden, bereitet die Industrie die Implementierung von aufwändigen Sicherheitsmaßnahmen vor. Ein Kopierschutz soll die weiteren Verwendungsmöglichkeiten einschränken. Titel, die künftig vom neuen Bertelsmann/Napster-Service runtergeladen werden, lassen sich nur auf dem PC des jeweiligen Nutzers abspielen. Das Resultat aus früheren Versäumnissen: Denn es waren die unverschlüsselten CDs, die die Konvertierung von Audio-Titeln ins MP3-Format und damit erst Napster ermöglichten. Ob die digitale Offensive mittelfristig nennenswerte Umsätze generiert, steht auf einem anderen Blatt. Langfristig gesehen aber sollte man sich auf einen schmerzlichen Abschied einstellen: VinyL Silberlinge, Booklets, aufwändige Cover – all das ist im New-Media-Zeitalter passe. „Wenn das wirklich so käme“, meint Smudo, „war das schon eine traurige Geschichte. Klar, es laufen nicht nur audiophile Plattensammler da draußen rum. Aber zu einer Band gehört auch eine Attitüde, ein Image. Das würde alles verloren gehen.“

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