Otis Redding – Otis Blue: Otis Reddinn Sinns Soul

Es war die Zeit als die Soulmusik, ganz nach dem Motto „Konkurrenz belebt das Geschäft“, durch die Rivalität zweier Plattenfirmen, Motown in Detroit und Stax in Memphis, befeuert wurde. Im Sommer 1965 wurde Otis Redding, der aufstrebende Star des Stax-Sublabels Volt, ins Studio geschickt, um zwischen zwei Live-Gigs innerhalb von 24 Stunden sein drittes Album aufzunehmen. Gerade erst hatte er mit der schwermütigbluesigen Ballade „I’ve Been Loving You Too Long“ in den R&B-Charts für Aufsehen gesorgt. Nun wollten ihn sein Manager Phil Waiden und Stax-Chef Jim Stewart auch zum Durchburch auf dem weißen Markt pushen und stellten dem Sänger mit der legendären Houseband der Firma (u.a. Steve Cropper, Isaac Hayes, Booker T. Jones, „Duck“ Dunn, Wayne und Al Jackson) ein perfekt eingespieltes, in Hochform befindliches Topteam zur Seite. Was der Hörer hier erlebt, ist aber vor allem die Performance eines Interpreten „in his prime“, inspiriert durch Songmaterial der allerersten Sorte: Von den elf Stücken des Originalalbums gelten heute sechs unbestritten als Klassiker. Kein einziges war ein bloßer Füller. Mehr als ein Viertel der Songs stammte aus der Feder von Reddings einige Monate zuvor erschossenem Idol Sam Cooke. Der Kontrast zwischen Cookes samtig-elegantem Vortragsstil in den Originalversionen und Otis Reddings raukehliger Inbrunst gab diesen Covers den speziellen Kick. „Satisfaction“, den damals noch ganz frischen Monsterhit der Stones, pimpte er zu einer hochfrequent vibrierenden Testosterongranate auf. Reddingseigene Kompositionen wieder deftige Midtempo-Funksong „Respect“ und das erdige „I’ve Been Loving You Too Long“ entwickelten später noch ein imposantes Eigenleben, ersteres in einer berühmten Fassung von Aretha Franklin, letzteres im Repertoire der Rolling Stones.

Die schwitzige Intensität und Direktheit dieser Aufnahmen stellt den denkbar größten Kontrast dar zu all den glatt polierten, sterilen und größtenteils computerisierten Fließbandproduktionen, die die amerikanische Musikindustrie heute unter den Etiketten „Soul“ und „R&B“ überwiegend ausstößt. „Otis Blue“ ist das Referenzwerk des sogenannten Stax-Soul und liegt seit diesem Frühjahr in einer um reichlich Bonusmaterial (Alternate Takes, Live-Versionen etc.) erweiterten Collector’s Edition vor.

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