Pop-Kultur Festival 2025: Money Is Too Tight To Mention
Los Bitchos, Efterklang und Die Nerven. Wie das Berliner Stadtfestival den Sparvorgaben des Senats trotzt.
Nach etwa 30 Minuten platzte der Elefant im Raum dann doch. Das Team des Berliner Musik- und Diskurs-Festivals Pop-Kultur stellt eifrig das Programm der elften Ausgabe vor, die vom 25. bis zum 30. August in verschiedenen innerstädtischen Spielstätten steigt, als Programm-Macher Christian Morin auf das Killerthema „Geld“ zu sprechen kommt.
Mit einer zum Jahresbeginn kolportierten 80-Prozent-Budgetkürzung von Seiten des Berliner Senats, in der Lokalpresse war vom einem Schnitt in Höhe von 300.000 Euro die Rede, wäre die Pop-Kultur-Messe gelesen gewesen. Zumal dann auch Bundes- und EU-Mittel wegfallen wären. Aus die Maus.
Es sei jedoch der neuen Musicboard-Chefin Marie von der Heydt zu verdanken gewesen, dass am Ende nur eine Einsparung von 10 Prozent des vormaligen Etats stand. Die Hängepartie hätte allerdings die inhaltliche Arbeit schwer verzögert. Und Kostensteigerungen, wie überall im Live-Geschäft, sind ebenfalls nicht gedeckelt. Wie in anderen Städten auch, geht in Berlin den Sensenmann im (Pop-)Kulturbetrieb umher.
Nun also darf Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson als Nachfolgerin des glücklosen Joe Chialo (der nicht unfroh war, als er seinen Achterbahn-Job quittierte) im Presseheftchen verkünden: „Dieses Jahr dürfen wir uns auf neue Spielorte im Wedding und einen Fokus auf Berliner Bands und Musikerinnen freuen, aber auch auf Talks, Panels und Veranstaltungen zu gesellschaftsrelevanten Themen.“
Das Convention-Festival findet nicht mehr an drei Tagen wie bisher statt, sondern an sechs. Das sorge für Entzerrung und weniger Überschneidungen im Programm, so Chefin von der Heydt. Durch die Nutzung des Kulturquartiers Silent Green (ein ehemaliges Krematorium) im weiterhin rauen Wedding werden Raumkosten in der privat betriebenen Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg eingespart. Musik- und Popkultur interessierte Menschen müssen sich also während der kommenden Woche auf eine kleine Stadtrallye begeben. Zumal auch der Festsaal auf dem ehemaligen Mauerstreifen zwischen Kreuzberg und Treptow bespielt wird.
Pop-Kultur 2025 startet am 25. August mit gleich 20 Talks im Silent Green, umflort von einem lokalen Programm entlang des Flüsschens Panke. Was durchaus charmant ist, doch gleichzeitig geht die überregionale Strahlkraft von Tokio bis L.A. etwas flöten, die man in Berlin ja nur zu gerne beansprucht.
Zu den größere Acts im Portfolio zählen die Post-Punker Die Nerven, das dänische Indiekollektiv Efterklang, Los Bitchos aus London, Rapper Apsilon aus B-Moabit, sowie das Dresdner Elektronik-Klassik-Projekt Ätna & Ensemble Reflektor. Ein solider Mix.
Im Rahmen des Projekts „Sonic Crossings“ gemeinsam mit dem Goethe Institut kommen vier Musiker aus Armenien, Aserbaidschan und Georgien, darunter die Alt-Rocker Tape Visitors aus Tblissi, für elf Tage zu einem interkulturellen Austausch an die Spree.
Bei den grossen Zukunftsperspektiven stehen in den Talks zentrale Debatten wie „Social Media & Popkultur“ und natürlich „Musik zwischen Kulturauftrag und Marktdruck“ auf der Agenda. Der Vulkan, auf dem das Pop-Kultur Festival selber tanzt, wird in meinungsstarker Runde vermessen. „Mehr Talkformate sind halt ein Wagnis“ sagt Christian Morin in der Präsentationsrunde. Doch er setze darauf, dass sich das werte Publikum auch für die Hintergründe des aktuellen Popgeschehens zu gewinnen ist. Das „experimentelle Gewächshaus“, das in 2025 seine Pforten öffnet, muss mit Liebe und Engagement gepflegt werden.