Quincy Jones: Leben und Tod des großen Universalgenies
Quincy Jones prägte die Popmusik wie wenige andere. Wir werfen einen Blick auf sein Schaffen.
Er war einer der größten Musikproduzenten aller Zeiten – Pop-, Rock- und Jazzmusiker verehrten ihn gleichermaßen. Wir werfen einen Blick auf Leben und Tod des Genies Quincy Jones.
Quincy Jones: Seine Kindheit
Quincy Jones wurde am 14. März 1933 in Chicago, Illinois, als Quincy Delight Jones Jr. geboren. Er war das zweite Kind von Quincy Delight Jones Sr. und Sarah Frances Jones. Sein Vater arbeitete als Zimmermann, seine Mutter als Bankangestellte und später als Hausfrau.
Jones selbst erzählte in einem Gespräch mit der US-Talkmasterlegende Oprah Winfrey: „Ich erinnere mich nicht daran, Liebe zu fühlen. Ich war oft mit meinem Bruder Lloyd zusammen, weil mein Vater, den ich mehr liebte als irgendjemanden auf der Welt, so hart als Zimmermann arbeitete. Wenn er bei uns war, fühlte ich Liebe von ihm, aber er war einfach beschäftigt – so wie ich es war, als meine Kinder aufwuchsen.“

Jones’ Kindheit war geprägt von den psychischen Problemen seiner Mutter. Besonders dramatisch war ein schizophrener Anfall, nach dem sie in eine psychiatrische Anstalt eingeliefert wurde. Jones selbst erklärte im Gespräch mit Winfrey, dass er dieses traumatische Erlebnis ganze Jahrzehnte lang verdrängt hatte: „Bis 1989 hatte ich das komplett verdrängt. Als ich an „Listen Up“ [einer Dokumentation über Jones‘ Leben] arbeitete, kehrte ich in meine alte Nachbarschaft zurück. Ich hoffte, unser Haus wäre inzwischen ein Supermarkt geworden, aber es war dasselbe, mit derselben Farbe, die mein Vater aufgetragen hatte“.
Jones fuhr fort: „An diesem Tag sah ich meine Freundin Lucy, die früher unsere Nachbarin war. Sie war 63 und saß im Rollstuhl. Als wir in mein altes Haus gingen, sagte Lucy: „Wenn du nach oben gehst, wirst du sehen, wo sie deine Mutter in die Zwangsjacke gesteckt haben.“ Sie dachte, ich würde mich daran erinnern – aber das tat ich nicht. Man sagt, Trauma sei eingefroren, und als Lucy das sagte, war es, als hätte mich jemand auf den Kopf geschlagen.“
Eine wichtige Person: Nachbarin Lucy Jackson
Jones’ erster musikalischer Erweckungsmoment (abgesehen von den religiösen Songs, die ihm seine Mutter als Kind oft vorsang) hatte auch mit besagter Nachbarin zu tun: Lucy Jackson spielte oft Klavier – Jones saß fasziniert da und hörte dem Spiel der Frau zu, später soll er gar nicht mehr von ihrem Klavier wegzubekommen gewesen sein. Lucy Jackson erinnerte sich in einem Interview mit „PBS.org“: „Unsere Häuser waren verbunden, und er hörte mich eines Tages Stride-Piano spielen. Ich konnte ihn danach nicht mehr von meinem Klavier fernhalten, obwohl ich es versucht habe. Er machte mir viel Ärger. Meine Mutter sagte: „Dieser Junge ist sieben Jahre alt, und du bist 12, und er kommt hierher und spielt so mühelos! Warum verschwende ich meine Zeit?“ Schon damals hatte Quincy ein Talent. Musik war in seiner Seele. Es kam ihm ganz natürlich.“
Der Umzug nach Bremerton und der Schüsselmoment
In den 1940er-Jahren zog Quincy Jones mit seinem Vater in die rund 15.000-Einwohner-Stadt Bremerton, Washington – ein Ort, der bekannt für seine militärischen Einrichtungen und den Marinestützpunkt Puget Sound Naval Shipyard war. Sein Vater suchte zu jener Zeit dort Arbeit in der damals florierenden Werftindustrie, die während des Zweiten Weltkriegs stark florierte. Für Jones, das betonte er im Laufe der Zeit oft, war Bremerton ein Schlüsselort in seinem Leben. „Ich entdeckte meine Leidenschaft fürs Leben: die Musik“, zitiert die Website der Stadt Jones und zitiert Jones’ Geschichte, wie er im Alter von 11 Jahren zusammen mit seinen Freunden in die Bremerton Armory einbrach.
Die „kleinen Gangster“, wie Jones sich und seine Freunde in einem Interview mit Talkmaster Stephen Colbert bezeichnet hatte, nutzten den Einbruch, um sich in der Cafeteria an einer Torte zu bedienen. Dort sah Jones ein altes Klavier stehen. Er berührte die Tasten – und erinnerte sich: „Jede Zelle meines Körpers und jeder Tropfen Blut in mir sagte mir, dass das genau das ist, was ich für den Rest meines Lebens tun werde.“

In Seattle besuchte Quincy Jones die Garfield High School. Seine Lehrer erkannten schnell, dass Jones eine außergewöhnliche musikalische Begabung besaß. Quincy konzentrierte sich auf die Trompete und auf das Lernen von Arrangements. Damals lernte er seinen Freund Charles Taylor kennen, der immens prägend für ihn werden sollte. Die beiden begannen, intensiv gemeinsam Musik zu machen. Taylor spielte Saxophon und stammte aus einer musikalischen Familie – seine Mutter, Evelyn Bundy, leitete eine der ersten Jazzbands der Stadt. Die beiden begannen, regelmäßig aufzutreten, etwa mit der Band der National Reserve. Eine weitere wichtige Freunschaft war die mit Ray Charles, den Jones an der Schule kennenlernte und der eine Schlüsselrolle in Jones‘ musikalischer Sozialisierung spielte.
Quincy Jones: seine Anfänge
Als Trompeter und Arrangeur in der Schulband sammelte er erste Erfahrungen, die ihn nachhaltig prägten. Einer seiner engen Mitschüler, Charles Taylor, spielte Saxophon und stammte aus einer musikalischen Familie – seine Mutter, Evelyn Bundy, leitete eine der ersten Jazzbands der Stadt. Zusammen mit Taylor begann Jones, intensiv zu proben und regelmäßig aufzutreten. Bereits im Alter von 14 Jahren spielten die beiden mit einer Band der National Reserve und machten erste Schritte in Richtung einer professionellen Musikkarriere.
Jones über Charlie taylor
Auf seiner offiziellen Facebookseite erinnerte sich Jones einst: „Ich lernte einen Jungen namens Charlie Taylor (C.T.) im Bandraum der Garfield High kennen. Nachdem wir wegen unserer Liebe zur Musik sofort beste Freunde wurden, beschlossen wir, die offizielle Charlie Taylor Band zu gründen. Wir nahmen die Sache ernst und wählten einen Vorsitzenden, einen stellvertretenden Vorsitzenden und einen Sekretär/Schatzmeister (mich!)… Es gab Geldstrafen für Alkoholkonsum, Zuspätkommen zur Probe und sogar dafür, nicht COOL auszusehen! Und wenn man nicht cool aussah, musste man eine hohe Strafe zahlen… ich spreche von fünfundzwanzig Cents!“
Jones weiter: „Bei diesem ersten Gig verdienten wir jeweils SIEBEN Dollar, aber das hielt uns nicht davon ab, das zu tun, was wir liebten… Und ich bin froh, dass wir es nicht taten, denn zufällig sah uns Bumps Blackwell spielen und fragte später, ob er unser Frontmann werden wolle! Und so wurden wir zur Bumps Blackwell Junior Band… Wie ich immer sage, sei niemals unvorbereitet auf eine große Chance!“

1951 erhielt Jones ein Stipendium für die Seattle University. Er blieb nicht lange. Schon im Folgesemester wechselte er zur Berklee College of Music in Boston. Die Nächte verbrachte er in Clubs, wo er spielte. Ein wichtiger Ort war Izzy’s Bar & Grill, wo Jones mit etablierten und erfahrenen Musikern wie Bunny Campbell und Preston Sandiford auftrat. Er saugte nicht nur alles auf wie ein Schwamm, sondern machte auch viele professionelle Kontakte in die Musikszene.
Quincy Jones: Die Jahre in New York und seine Zeit mit Dizzy Gillespie
Nachdem Jones mit seinem Studium in Berklee fertig war, zog er nach New York City. Das entpuppte sich als goldrichtiger Karrieremove, da New York damals das Epizentrum der Jazzszene war. Er begann, als Arrangeur für den Vibraphonisten Lionel Hampton zu arbeiten – eine wichtige Schule, wie Jones immer wieder betonte. Quincy fasste in der Jazzszene Fuß, arbeitete mit Duke Ellington, Count Basie und – ganz wichtig für seine Biografie – Dizzy Gillespie.
Jones über Gillespie
„Eine meiner schönsten Erinnerungen ist die, als die US-Regierung 1955 Dizzy Gillespie bat, eine Band zu organisieren, die als Amerikas erste Jazz-Botschafter nach Südeuropa, in den Nahen Osten und nach Südasien reisen sollte. Dizzy war auf einer „Jazz at the Philharmonic“-Tour durch Europa gebucht und konnte die Gruppe nicht rekrutieren und einstudieren. Da wir bereits in der Vergangenheit zusammengearbeitet hatten, bat er mich, das zu übernehmen, und im Alter von 22 Jahren schwebte ich. Zu dieser Zeit arbeitete ich an der ersten Platte eines 17-jährigen unbekannten Gleisspringers aus San Francisco namens Johnny Mathis. Nachdem ich die Anfrage von Dizzy erhalten hatte, erklärte ich George Avakian, dass „meine Nation“ (Diz) angerufen hatte und ich das Angebot, mit Johnny zu arbeiten, ablehnen musste“, wird er auf der Jazzseite „meridian.org“ zitiert.
Umzug nach Paris und Filmmusik
New York war aber nicht die letzte wichtige Station im Leben von Quincy Jones. 1957 zog Quincy Jones nach Paris, wo er Komposition und Musiktheorie bei Nadia Boulanger und Olivier Messiaen studierte. Gleichzeitig trat er im berühmten Pariser Olympia auf. Während seines Aufenthalts übernahm er die Position des musikalischen Leiters beim französischen Plattenlabel Barclay. Wieder ein wesentlicher Karriereschritt für ihn. Zurück in den USA setzte Jones seine Karriere als erfolgreicher Arrangeur und Komponist fort. Er komponierte Filmmusik (sein Debüt war „The Pawnbroker“ im Jahr 1964). Er zeichnete als Arrangeur und Dirigent für Frank Sinatras Livealbum „Sinatra at the Sands“ verantwortlich, für das Sinatra mit Count Basie und dessen Orchester zusammenarbeitete.
Quincy Jones das Produzentengenie
In den späten 1960er-Jahren verlagerte sich Jones’ Fokus. Er produzierte mehr und mehr – etwa Aretha Franklin und The Brothers Johnson. Später gründete er seine eigene Plattenfirma. Jones übernahm zunehmend große Produktionsaufträge und wurde zu einem der wichtigsten Pop-Produzenten seiner Zeit. 1979 produzierte er Michael Jacksons Album „Off the Wall“, das weltweit große Erfolge feierte. Im Jahr 1982 folgte dann eines der größten Popalben aller Zeiten: „Thriller“. Dieses Werk brach alle Rekorde und verkaufte sich über 70 Millionen Mal. 1985 produzierte er auch den legendären Charity-Song „We Are The World“.

Jones’ Arbeit erstreckte sich über weit größere Gefilde als nur die Musikbranche. 1990 gründete Quincy Jones in Zusammenarbeit mit Time Warner das Unternehmen Quincy Jones Entertainment (QJE). So produzierte er etwa die Kult-Sitcom„The Fresh Prince of Bel-Air“ (1990–1996) sowie „In the House“ (1995–1999). Auch die Sketch-Comedy-Show „Mad TV“, die von 1995 bis 2009 lief, geht auf das Konto von QJE. 1991 überredete er Miles Davis zu einem Auftritt auf dem Montreux Jazz Festival. Das Konzert erschien als Album: „Miles & Quincy Live at Montreux“ war Davis’ letzte Aufnahme. 2017 erweiterte Jones sein Portfolio einmal mehr. Zusammen mit dem französischen Produzenten Reza Ackbaraly gründete er Qwest TV (QTV), den ersten Streaming-Dienst für Jazz (der sich auch Weltmusik und anderen Musikformen annahm).
Quincy Jones: Eine ungefähre Statistik
Eine detaillierte Übersicht über Jones’ Werk würde Anthologien füllen – deshalb eine kurze Skizzierung: Er gewann 28 Grammy Awards und wurde 80-mal dafür nominiert. Er veröffentlichte rund 33 Alben unter seinem eigenen Namen. Eine Vielzahl von Soundtracks für Kino und TV geht auf sein Konto. So komponierte er die Filmmusiken für 38 Filme, zuletzt für den 2024 erschienenen Film „Lola“. Alleine während seiner Zeit bei Barclay Records war er für 200 Aufnahmen verantwortlich.
Quincy Jones‘ Privatleben
Sein Privatleben Quincy Jones hatte sieben Kinder aus fünf verschiedenen Beziehungen. Mit seiner ersten Ehefrau Jeri Caldwell bekam er seine älteste Tochter Jolie. Aus einer späteren Beziehung mit Carol Reynolds stammt seine Tochter Rachel. Während seiner Ehe mit der schwedischen Schauspielerin Ulla Andersson wurden seine Kinder Martina und Quincy Jones III geboren. Mit seiner dritten Ehefrau, der Schauspielerin Peggy Lipton, hatte er zwei Töchter, Kidada und Rashida (letztere ist bekannte Schauspielerin). In einer späteren Beziehung mit der deutschen Schauspielerin Nastassja Kinski wurde seine jüngste Tochter Kenya geboren.
Quincy Jones: Sein Tod
Quincy Jones starb am 3. November 2024 im Alter von 91 Jahren. Die Familie des Produzenten trauerte in einem Statement: „Heute Abend müssen wir mit vollem, aber gebrochenem Herzen die Nachricht vom Tod unseres Vaters und Bruders Quincy Jones verkünden“, teilte die Familie in einer Erklärung über AP mit. „Und obwohl dies ein unglaublicher Verlust für unsere Familie ist, feiern wir das großartige Leben, das er geführt hat, und wissen, dass es nie wieder jemanden wie ihn geben wird.“
Jones, der nicht nur einer der größten Produzenten und Arrangeure aller Zeiten, sondern auch eine Art Universalgenie war, bleibt als eine der wichtigsten Figuren der Pop- und Musikgeschichte in Erinnerung.