Pop-Tagebuch

Radfahren auf dem Mond oder Neo-Psychedelia für die Haarspray-Generation

Eric Pfeil erkundet das Wunderland der 80er-Neo-Psychedelia und bespricht die besten fünf Platten einer vergessenen Ära. Mit dabei: Dukes of Stratosphear und Mercury Rev.

13 DIMENSIONEN DES ZEN

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Ende der Achtziger Jahre trampte ich einmal nach Amsterdam. Ich hatte großes Glück, denn ich wurde von zwei jungen Amerikanerinnen mitgenommen, die sich gerade auf großer Entdeckungstour durch Europa befanden. Die eine war, wie ich bald erfreut feststellte, großer Robyn-Hitchcock-Fan. Die andere wusste zu berichten, dass ihr Ehemann in einer Neo-Sixties-Revival-Band namens Dimentia 13 spielte, die schon einige Alben veröffentlicht hatte. Ich kannte die Band bislang nur aus Plattenbestellkatalogen, konnte die Wissenslücke aber bald schließen und wurde für meine Neugier reich belohnt.
„Mirror Mind“ aus dem goldenen Neo-Psych-Jahr 1987 ist der lallelnde Wahnsinn auf Stelzen. Herrlich naiver Garagen-Pop mit Neandertalermelodien, Schellenkranzgerassel, schiefem Gesang und Songtiteln wie „Psychedelic Mushroom Cloud Explosion“. Menschen, die etwa der Meinung anhängen, die Flaming Lips seien nie wieder so gut gewesen wie auf ihren ersten drei Alben, dürften hier alle Korken aus der Kapuze fliegen. Im Jahr darauf legte die Truppe vom Songschreiber Brad Warner ihr zugänglichstes Album „Flat Earth Society“ vor, das ich mal auf Kassette besaß, aber bei irgendeiner Raketenfahrt verloren haben muss.
Dimentia-13-Sänger Brad Warner übrigens ist eine sehr interessante Figur. Der Mann, der 1987 noch aussah wie ein bei den „Simpsons“ ausgebüxter Freak-Charakter, ist heute ein namhafter Zen-Meister. Sein 2003 erschienenes Buch „Hardcore Zen – Punk Rock, Monster Movies and the truth about reality“ sollte jeder besitzen, der sich für Punk Rock, Monster Movies und die Realität interessiert. Wie man vielleicht schon erahnt, sieht der Mann Buddhismus keineswegs als Religion, sondern als Handlungskonzept für den Alltag. Hört sich an, als sollte ich ihn dringend mal interviewen.

https://www.youtube.com/watch?v=FWavjx6vuXI

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