Thom Yorke schließt weitere Radiohead-Auftritte in Israel aus
Thom Yorke erklärt, Radiohead werden nicht mehr in Israel auftreten. Die Debatte und die Vorwürfe gegen ihn hielten ihn aber „nachts wach“.
Laut Thom Yorke werden Radiohead „absolut nicht“ mehr für Konzerte nach Israel zurückkehren. Er wolle sich nicht einmal „5000 Kilometer in die Nähe des Netanjahu-Regimes“ begeben.
2017 war die Band in Tel Aviv aufgetreten, was zu Gegenwind von Israelkritiker:innen geführt hatte. Die „Boycott, Divestment and Sanctions“-Bewegung (kurz: BDS) hatte die Gruppe aufgefordert, das Konzert abzusagen. Nachdem Yorke im vergangenen Jahr bei einem Solo-Konzert in Melbourne mit einem pro-palästinensischen Fan aneinandergeraten war, veröffentlichte er im Mai 2025 ein Statement, in dem er sowohl die israelische Regierung als auch die Hamas kritisierte.
Keine Konzerte wegen Netanjahu-Regime
In einem Interview mit der „Sunday Times“ antwortete Yorke auf die Frage, ob Radiohead erneut in Israel auftreten werden, mit den Worten: „Auf keinen Fall. Ich möchte mich nicht einmal 5.000 Meilen in der Nähe des Netanjahu-Regimes aufhalten, aber Jonny [Greenwood] hat dort Wurzeln. Deshalb verstehe ich das.“ Konkreter wurde er bezüglich seiner Ansichten zum Regime in diesem Gespräch jedoch nicht.
Thom Yorke wurde im Interview ebenfalls auf den Radiohead-Konzert-Boykott-Wunsch der BDS-Anhänger:innen angesprochen, worauf hin er antwortete: „Das hält mich nachts wach.“ Weiter erklärte er: „Sie sagen mir, was ich mit meinem Leben gemacht habe, was ich als Nächstes tun sollte und dass das, was ich denke, bedeutungslos ist.“ Und: „Die Leute wollen mir das wegnehmen, was ich geschaffen habe und was Millionen von Menschen so viel bedeutet, und mich auslöschen. Aber das steht ihnen nicht zu – und ich halte mich nicht für einen schlechten Menschen.“
Wie „NME“ berichtete, begründeten Vertreter:innen der BDS-Bewegung den Boykottaufruf für die kommenden Konzerte mit dem ihrer Meinung nach „mitschuldigen Schweigen“ der Band und ihrer Unterstützung israelischer Musiker:innen während des „Völkermords an den Palästinensern in Gaza“.
Kritik an Netanjahu und Hamas
Mit seinem Statement im Mai 2025 hatte Yorke seine Haltung zum Gaza-Krieg verdeutlicht. Um dem Vorwurf zu begegnen, er schweige zu dem Thema und unterstütze damit indirekt das Handeln der israelischen Regierung, sagte der Radiohead-Sänger damals: „Ich denke, dass Netanjahu und seine extremistische Clique völlig außer Kontrolle geraten sind und gestoppt werden müssen, und dass die internationale Gemeinschaft alles in ihrer Macht Stehende tun sollte, um sie dazu zu bewegen, damit aufzuhören.“
Die „Ausrede der Selbstverteidigung“ sei seines Erachtens nach längst nicht mehr glaubwürdig und durch den „offensichtlichen Wunsch“ ersetzt worden, „die Kontrolle über Gaza und das Westjordanland dauerhaft zu übernehmen“, so Thom Yorke. Und weiterhin formulierte er: „Ich glaube, dass sich diese ultranationalistische Regierung hinter einem verängstigten und trauernden Volk versteckt und es benutzt, um jegliche Kritik abzuwehren. Sie nutzt diese Angst und Trauer, um ihre ultranationalistische Agenda mit schrecklichen Folgen voranzutreiben, wie wir es derzeit bei der grausamen Blockade der Hilfslieferungen nach Gaza sehen.“
Ebenso kritisch äußerte sich Yorke in dem Statement damals auch über die Taten der Hamas: „Warum hat die Hamas sich für die wirklich schrecklichen Taten vom 7. Oktober entschieden? Die Antwort scheint offensichtlich, und ich glaube, dass auch die Hamas sich hinter dem Leid ihres Volkes versteckt – auf ebenso zynische Weise, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.“
Jonny Greenwood meint: Regierung kein Grund, nicht mehr mit israelischen Artists zu arbeiten
Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwood äußerte sich derweil noch einmal separat zu dem Thema. Er war persönlich in die Kritik geraten, weil er mit dem israelischen Künstler Dudu Tassa zusammenarbeitet. Zwei gemeinsame Konzerte in Großbritannien waren Anfang des Jahres abgesagt worden, nachdem Demonstrant:innen zu einem Boykott aufgerufen hatten. Mit Tassa war Greenwood, der mit einer israelischen Künstlerin verheiratet ist, auch in Tel Aviv aufgetreten.
Greenwood: „Die Linken suchen nach Verrätern, die Rechten nach Konvertiten, und es ist deprimierend, dass sie uns dafür aussuchen.“ Er arbeite derzeit an einer Platte mit israelischen und Nahost-Musiker:innen, berichtete „NME“. „Und es ist verrückt, dass ich Angst habe, das zuzugeben.“
„Ich schäme mich nicht dafür, mit arabischen und jüdischen Musikern zusammenzuarbeiten“
Er erklärte weiter: „Ich verbringe viel Zeit dort mit meiner Familie und kann nicht einfach sagen: ‚Ich mache wegen der Regierung keine Musik mit euch Arschlöchern.‘ Das macht für mich keinen Sinn. Ich habe keine Loyalität – oder Respekt, natürlich – gegenüber ihrer Regierung, aber ich habe beides gegenüber den dort geborenen Künstlern.“
Auf die Frage, ob er wieder in Israel auftreten würde, sagte Greenwood: „Ich würde Thom höflich widersprechen. Ich würde argumentieren, dass die Regierung eher einen Boykott nutzen und sagen würde: ‚Alle hassen uns – wir sollten genau das tun, was wir wollen.‘ Das ist viel gefährlicher.“
Der Gitarrist stellte laut „NME“ klar: „Das Einzige, wofür ich mich schäme, ist, dass ich Thom und die anderen in dieses Chaos hineingezogen habe – aber ich schäme mich nicht dafür, mit arabischen und jüdischen Musikern zusammenzuarbeiten. Dafür kann ich mich nicht entschuldigen.“