Reelin‘ In The Years

Volume 15

Überall Remedur. Joachim Hentschel verlässt die Redaktion. Torsten Groß wird Redakteur, ein Mann, der mit seiner habituellen Gelassenheit auch auf einer sturmumtosten Forschungsstation im Packeis der Antarktis arbeiten könnte. Manfred Brey gestaltet jetzt die wesentlichen Layouts. Ist ein bisschen sophistisch und orientiert sich an der Arbeitsweise von Leonardo da Vinci: Größere Fresken müssen im Atelier vorgezeichnet werden.

Berater aus Werbung und Medien untersuchen zuweilen die Zugkraft der Zeitschrift, „typischer Leser ist ein aufgeschlossener 38-jähriger Theatermaler, für ihn können wir wenig falsch machen. Manche vermissen die Toten Hosen, andere die Scorpions; ein Probeleser vermutet, die deutsche Filiale werde von New York aus ferngesteuert. Jemand schwärmt von Devendra Banhart, den kaum einer kennt Über Led Zeppelin erfahre man wenig Neues, rügen einige. Keiner greift zu der Ausgabe mit der gefeierten britischen Sängerin MJ.A. auf dem Titelblatt. Ein etwa 30-jähriger Arzt – offenbar schläfrig vom Nachtdienst – behauptet, Rock’n’Roll sei seit je Sache junger Menschen. Er war vermutlich noch niemals bei einem Rock-Konzert.

In der Olympiahalle höre ich Neil Diamond, ein paar Monate später Leonard Cohen. Von beiden wird behauptet, sie seien die größten Entertainer der Welt. Beides stimmt. Aber der eine übertreibt die großen Gesten, der andere seine Bescheidenheit. Pathos der Künstlichkeit, Pathos des Überlebens. „Hell Yeah“ und „If lt Be Your Will“: Bei diesen Songs erreichen die, nun ja: Sänger das Höchstmaß an Wahrhaftigkeit. Das Publikum: dankbar, dass sie noch da sind, dass sie beglaubigen.. Man geht erfüllt in die Nacht hinein.

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