3,0 Grant-Lee Phillips Strangelet
Auch wenn es so klingt: Der Albumtitel ist kein Neologismus. Vielmehr entsteigt er dem Reich der Astrophysik, die mit „Strangelet“ jene seltsame Materie bezeichnet, deren Elementarteilchen auf der Erde nicht in stabiler Form zu finden sind. Ganz gut so, denn schon ein winziges Strangelet könnte mit seiner enormen Dichte gleich die gesamte Kugel destabilisieren.
Zum Album passt dieser Titel gar nicht. Oder besser: Er weckt falsche Erwartungen. Denn das fünfte Solo-Album des ehemaligen Grant Lee Buffalo-Häuptlings ist weder seltsam noch instabil – und exorbitant „dicht“ im künstlerisch-ästhetischen Sinne dann leider auch nicht. Da hatte seine Americana-Huldigung „Virginia Creeper“ (2004) doch wesentlich mehr Format – und auch die größeren Songs.
Vielmehr klingt auf „Strangelet“ in der Eindeutigkeit der Bezüge und Verweise sein letztes Album „Nineteeneighties“ nach, auf dem er unter anderem Stücke von The Cure, Joy Division und The Smiths auf seine eigene Art und Weise nachspielte. Nur dass er halt diesmal ganz ohne Cover auskommt und sich nicht auf die 80er Jahre beschränkt. Da darf’s auch mal gern zurück zu T. Rex („Hidden Hand“‚, „Raise The Spirit“) und Johnny Guitar“ gehen. Während manch entfesselte Gitarre („Chain Lightning“) dann doch voran in die (frühen) 90er Jahre stürmt.
So weit, so eher nicht ganz so gut. Andererseits ist Phillips als Songschreiber, Interpret, Arrangeur von einer Klasse, die ihn selbst dann zu einem passablen Album trägt, wenn die ganz große Inspiration ausnahmsweise mal auf sich warten lässt. Mit Verve besingt er Isolation („Soft Asylum“) und Ausbruch („Runaway“), und beschwört mit der vielleicht stärksten Melodie des ganzen Albums die „Same Blue Devils“, während das wehmütige „Fountain OfYouth“ wie ein Hit klingt, den R.E.M. damals auf „Out Of Time“ oder „Automatic For The People“ leider nicht mehr unterbringen konnten.
Aber das war ja schon immer das größte Problem von Grant-Lee Phillips: Die Hits hatten dann doch immer die anderen. Strange. (COOKING VINYL/INIGO)