3,0 Kalahari Surfers – Muti Media
Man hört ja sowieso nur, was man weiß. Meist weiß man wenig. Aber hier hört es sich doch so freundlich an, dass man gleich seine musiktouristische Sonnenbrille auspacken will und rüber zur Strandbar schlendern, auf einen ersten Drink in den entspannten Wellen des Dub der Kalahari Surfers, die sich kurz sogar zur Verheißung eines One-World-Reggae sammeln.
Ein trügerisches Plätschern. Löcher tun sich auf, Echos schlagen zurück. Der erste Refrain auf dem Album will schon überhaupt nicht zu dieser angenehmen Anfangsstimmung passen: „Now we have a general amnesty, and all the generals will walk free.“ So easygoing, so zerrissen, so verzweifelt ist die Lage am Kap, wo halt immer auch noch Platz ist für eine schön wogende Instrumentalmusik, und dass das alles gar nicht zusammen passen kann, ist genau die Situation, die eben die Kalahari Surfers aushalten müssen. Ein Projekt von Warrick Sony, einem weißen Musiker in Südafrika, der mit seinen soundexperimentellen Interessen und vor allem klar formulierten politischen Positionen in den 80er Jahren für wenig Gefallen beim Apartheid-Regime sorgte, so dass die Platten der Kalahari Surfers damals erst gar nicht in Südafrika veröffentlicht wurden oder gleich auf den Index kamen.
Mit dem Wissen um solche Vergangenheiten, die noch nicht wirklich vergangen sind, tut sich mit „Mm/i Media“ eine eigenartige Stimmung auf, mit den eingesampelten Stimmen, den Spoken-Word-Performances und dem zwischen Jazz und Loungemusik wogendem Dub, der keine Aggressivität mehr zu kennen meint und dafür mit einer reflektierten Mildheit immer wieder Sätze wie Wundschorf an die Oberfläche kommen lässt Wer allerdings an Dub und seinen Möglichkeiten nur mit halbem Herzen interessiert ist, würde sich bestimmt auch mit der halbierten Ausgabe von „M uti Media“ begnügen (und sollte unbedingt Ausschau halten nach den früheren, Song-orientierten Alben der Kalahari Surfers mit Anschlüssen an Robert Wyatt und die Canterbury-Szene, wie „Livin‘ In The Heart Of The Beast“ oder „Sleep Armed“ Vielleicht also ein Special-Interest-Thema. Wobei sich hier jedoch schön nachhören lässt, wie sich die unterschiedlichsten Einflüsse in eine musikalische Landschaft einschreiben. Indisches bis Arabisches, und „The Qatar Depression“ am Schluss des Albums sollte mit seiner flirrenden Atmosphäre auch für aufgeschlossene Calexico-Hörer interessant sein. Wie sich hier Räume öffnen. Ins Freie.