45 R.E.M. :: von Wolfgang Doebeling
Steter Tropfen höhlt den Stein, Part 1: In jedem Venue des UK ihre unverwechselbare Duftmarke gesetzt, mit den Tinderstkks durch Europa getourt, im Schlepptau von Oasis die USA usurpiert, haben CORNERSHOP endlich auch die Charts erobert. Mit einer Single, die es schon eine gute Weile gibt und deren Botschaft identisch ist mit jener unermüdlich in dieser Kolumne verkündeten: „Brimful Of Asha“ (Wiiija). Asha, sagt Sänger Tjinder Singh, heißt Hoffnung. „Jede Menge Hoffnung“ mithin. Doch wo? „It’s on the 45“, weiß Singh. Das verstehen wir nur allzu gut, deckt es sich doch mit der in 50 Jahren Popgeschichte gewonnenen Erkenntnis, daß ein Album qua Länge viel mehr kann, daß aber Ausdauer bei weitem nicht alles ist. Explosivität und Unbedingtheit, Unmittelbarkeit und der Thrill des Augenblicks, mit einem Handgriff unbegrenzt wiederholbar, Einlaufrille, Glücksmoment (Asha!), Auslaufrille, Lift, Tonarm nach rechts, Lift runter, Aaah! Multiple Höhepunkte. Gibt’s sonst nur unbekleidet. Phil Spector, T. Rex, Cornershop? Nicht ganz. Dazu ist „Asha“ zu monoton, auf hübsch hypnotische Weise zwar, aber eben doch im wörtlichen Sinne zu eintönig. 3,5
Part 2: Wie Cornershop setzen die WARM JETS zum zweitenmal auf dasselbe Pferdchen: „Never Never“ (Island) gab’s vor einem Jahr schon mal als Single, damals aber etwas rudimentärer gespielt und weniger stromlinig produziert. Die Gitarren haben indes nicht gelitten, sind so sehnig wie eh, die Melodie unaufdringlich eingängig. Solider 80er-Jahre-Pop mit einem Tbuch von The Move und, leider, einem Schatten von A Flock Of Seagulls. 3,0
Recht fulminanten Pubrock mit Stone Roses-Einflüssen und altmodischem Westcoast-Flair spielen THE HYBIRDS auf „See Me Through“ (Heavenly), nicht ganz so überzeugend indes wie auf dem Vorläufer „24“ oder gar auf ihrer bislang besten Single „I’m Stranded“ vom Vorjahr. „See Me Through“ macht ebenso korrekten Lärm, ist jedoch songtechnisch weniger ausgefeilt Das übliche Manko: Sound vor Song. 3,5
P. P. Arnold übernimmt einen Teil der Lead-Vocals auf „It’s A Beautiful Thing“ (MCA), der neuen 45 von OCEAN COLOUR SCENE, eine fast siebenminütige, langsame Soul-Ballade mit langem Instrumental-Break, psychedelischen Gitarren, epischer Dramaturgie und den üblichen Manierismen zwischen Small Faces und Paul Weller. „Mariners Way“ auf der Rückseite ist noch sanfter, harmonieseliger, folkrockiger und schön-beschaulicher. Mit Fold out Cover 4,0
Ebenfalls mit letzterem ausgestattet ist „Fall ln Love With Me Again“ (Elefant) von JACK, die hier wie auf der B-Seite „Cinematic“ ihr gewohnt egozentriertes, romantizistisches, leicht frankoschwülstiges Universum zum Klingen bringen lassen. Warum sie das ausgerechnet auf einem spanischen Label tun, ist nicht kolportiert. 4,0
Gar noch schwelgerischer geht SIMON WARNER auf „The Wrong Girl“ und „Henry’s In Love“ zu Werke, dem aktuellen Release des Rough Trade Singles Club (250 York Road, London SWll 3SJ). Die oft bemühten Vergleiche mit Scott „Gott“ Walker mögen ebendas sein: bemüht, doch lebt auch Warner vornehmlich nachts, hält sich mit Vorliebe in kahlen, kaum möblierten Räumen auf (allein, versteht sich) und hängt düsteren Gedanken nach. Die drehen sich freilich, anders als bei besagtem Gott, meist um verhältnismäßig profane Dinge wie Lust, Mädchen, Selbstmitleid. „Husky tart nothings, ribboned groans greeted each girl in his bed“, und so weitet Aber atmosphärisch advanced! 4,0
THEAUDIENCE, definitiv eine der mächtig kommenden Bands im UK, beantworten Warners Grübeln mit einer rhetorischen Frage: „If You Can’t Do It When You’re Young, When Can You Do It?“ (Mercury). Sängerin Sophie ist Chrissie Hynde, aber zarter und dennoch mit grösserem Gestus. Ganz zauberhaft, ganz Pop, ganz cool. Er weiß es noch nicht, aber Arne Willander wird diese Band lieben. 3,0