45 R.P. M. :: von Wolfgang Doebeling

Ab Doppel-Single im luxuriösen Foldout-Cover bieten TRAVIS gleich vier exdusive Kleinode: „More Than Us“ (Indepediente), seelenvoller noch als auf LP und geadelt mit einem wunderschönen String-Arrangement von Anne Dudley; ein leidenschaftlich gesungenes Cover von John Lennons „Give Me Some Truth“; eine lärmende, aber laszive Live-Version von „All I Want To Do Is Rock“, aufgenommen in Manchester featuring Noel Gallagher an der Gitarre und „dedicated to Liam“ (cheeky!); last 8C least ein Tim-Simenon-Mix von „Funny Thing“, das freilich nicht mehr dasselbe ist: Francis Healys Stimme umspült von reichlich überflüssigem Studio-Gedöns. Leider limitiert, aber auch den erhöhten Preis auf dem Sammlermarkt allemal wert. 4,5

Ebenfalls als Double-Pack, wenn auch „nur“ im Schuber kommt die Debüt-EP von MEDAL, einem Quintett aus Oxford, das seinen einen Hauch zu höflichen Gitarren-Rock mit… äh… interessanten Beats und verwandtem Mumpitz anreichert. „Ordinary“ (Polydor) heißt der A-Track, und das Problem von Medal ist, daß man (wollte man böswillig sein) ihre ausgefeilte, ausgereizte Musik und die etwas platte Lyrik exakt so charakterisieren könnte. 2,5

Was sich mit den Möglichkeiten eines hochtechnisierten Recording Studios an wahrhaft Aufregendem zaubern läßt, beweisen einmal mehr MASSIVE ATTACK, deren „Teardrop“ (Circa/Virgin) sämdiche Stärken dieser nicht ganz unbescheidenen und live recht lausigen Band vereint: coole TripHop-Grooves, feinsten Dub, gewagte Breaks, dunkles Timbre und geheimnisvoll schwebende Melodien. Ausdrücklich empfohlen sei die 12inch, nicht zuletzt deshalb, weil des Mad Professors Vocal Mix ungeheuer gewinnt, wenn man ihn nicht mit 43 rpm abspielt, sondern mit nur 33 Umdrehungen in der Minute. Dann wird alles noch düsterer und bedrohlicher, really spooky, und Elizabedi Frazers (sonst Sängerin der Cocteau Twins) merkwürdig vermännlichte Stimme bekommt einen verwirrenden Tonfall, defintiv nicht von dieser Welt. Probieren! 4,0

ARNOLD erreichen mit dem halbakustischen, mehr gehauchten als gesungenen „Fleas Don’t Fly“ (Creation) nicht annähernd die manische Intensität des Vorgängers „Twist“, doch geht die Tragik der Folkpop-Ballade ins Gemüt, und auch die Melodie macht sich deutlich bemerkbar. 4,0

„If…“ (Superior Qualhy/Polydor) von THE BLUETONES findet sich bereits auf deren fabulösem Longplayer JReturn To The Last Chance Saloon“, hat die gewohnte instrumentale Eleganz und melodische Haltbarkeit, verblaßt aber fast neben der exquisiten B-Seite, auf der die Tones ingeniös Randy Newman covern. JBlue Shadows“, Newmans Fortschreibung von James Taylors Western-Rührstück „Sweet Baby James“, bekommt das komplette Kostüm verpaßt, vom Hufgetrappel über Maultrommel, Fifties-verhallte Gunfighter-Gitarren bis hin zum Flair der Sons Of The Pioneers. Ein Lullaby, soooo sweet: „little cowboy, dose your eyes and dream…“ Randy würden die Tränen kommen. 4,5

Käufer der aktuellen, äußerst attraktiven RICHARD DAVIES-45 „Cantina“ (Flydaddy/V2) dürfen sich über den Bonus „Bully For Two“ freuen, einen neuen, spartanisch geklampften Song, den Davies mit breitem Aussie-Akzent ansagt. 4,0

Erbaulichen, Punk-gepowerten Lärm machen THE CROCKETTS auf „Loved Ya Once“ (Blue Dog/V2). „I’m mighty ugly“, krächzt der Sänger, und wir glauben es ihm, doch wissen wir von früheren Veröffentlichungen, daß das Quartett mehr zu bieten hat als räudige 3-Akkord-Attacken. Und tatsächlich, die Flipside „Cash Kitty“ kommt uns als Cross zwischen Thin Lizzy und Eddie & The Hotrods. Guter Stoff, blaues Vinyl. 3,5

Gleich mit zwei durchaus ebenbürtigen A-Seiten warten London’s finest, THE FLAMING STARS, auf: „Sweet Smelt Of Success“ (‚myl Japan) ist der übliche, sich überschlagende Garagen-Kick mit Karacho, während Max Decharne auf „The Day The Earth Caught Fire“ beherrschter in die Tasten greift und für die getragene Ballade sogar Schöngesang probt Schön schräg wird’s dann natürlich nur, passend zur Pulp-Vorlage. 4,0

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