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Nachdem die Nachtmahr-Melodei und der sublime Twilight-Sound von „Teardrop“ bereits in Commercials erfolgreich gruselt und in Terrains vorgedrungen ist, wo man sonst lieber das Dumpfe feiert, ob Rammhagen oder Westernstein, nachdem sich „Teardrop“ also subversiv Gehör verschafft hat, könnten MASSIVE ATTACK mit „Inertia Creeps“ (Virgin) möglicherweise sogar in Dorf-Discos offene Türen einrennen. Die orientalische Basar-Dudelei ist sicher gewöhnungsbedürftig, doch fahren die Beats direkt in die Kniekehlen, und die Breaks haben die nötige Schlüssigkeit. Die 12inch bietet überdies einen Remix der Manie Street Preachers, ihr allererster wohl und eine Rückzahlung mit gleicher Münze sozusagen. Wer nun einen Rock-Blockbuster erwartet, wird angenehm enttäuscht: Der Manics-Mix changiert zwischen Funk und Punk, zwischen Klappmesser-Riffe und Propeller-Energie. Wirklich gut. Besser noch ist die B-Seite „Reflection“, die man auf „Mezzanine“ vergebens sucht. Kein Instant-Smash freilich, eher ein grower. 3,5
Was sich über die an Durchsichtigkeit und Vordergründigkeit kaum mehr zu überbietenden Kapriolen des MALCOLM McLAREN gewiß nicht behaupten läßt. McLaren beliebt sich ja von Zeit zu Zeit neu zu erfinden doch ist so aus dem ehemaligen Drahtzieher zuerst ein Mitläufer und inzwischen ein durchlauferhitzter Sound-Drittverwerter geworden. Traurig. „Buffalo Gals“ (Virgin), einst ein Kickstarter der Achtziger mit seinem ingeniösen Crossover aus Pop, Barndance, Rap, Scratching und Hip-Hop-Breaks, schmeckt wie der dritte Aufguß eines Teebeutels: extrem fade. Das gilt für den House-Mix ebenso wie für die Scratch-Übung von KRS-One und die Rap-Routine von Rakim. World Famous Supreme Team nannte McLaren damals seine Crew, nicht ohne Hybris natürlich, aber auch mit einer Reihe guter Gründe. Heute ist das Beste, was sich über das krasse Konvolut sagen läßt (eigentlich einen Point-of-Sale-Sticker wert): ohne Puff Daddy! 1,5
Wie man inventiv sampelt, hiphopt und crossovert, fuhren einmal mehr DELAKOTA vor, deren „C’mon Cincinnati“ (Go! Beat) Royal Trux beleiht, „Respect!“ schreit und Basketball feiert. Die Stone Roses kommen in Spuren vor wie auch allerlei Americana. Nicht an jeder Stelle klickt es, dennoch eine wilde und wundervolle Mixtur. 3,5
Abteilung exklusive B-Seiten, farbiges Vinyl und kollektable Pic-Sleeves: MARK LANEGAN schenkt uns als Flipside des eh formidablen „Stay“ (Beggars Banquet) das episch angelegte, dunkel und drohend rumorende, fast fünfminütige „Slide Machine“ (grün). 4,0
SPARKLEHORSE koppeln das melancholische, mehr beadeske als tiefgründige „Sick Of Goodbyes“ (Parlophone) mit einer für die BBC Radio One Evening Session gefertigten Live-Version des Titelstücks ihrer süperben LP „Good Morning, Spider“: fiepende, sub-floydianische Elegie aus reinem, nichtsnutzigem Klangschwurbel (weißlich transparent oder „Sperma“, wie der Designer sagt). 3,0
AI Bundy würde womöglich Gefallen daran finden: „Psycho Dad“ (Incognito) von THE CANNICS ist zwar nicht der schmissige Theme Song seiner favorisierten TV-Serie, doch wenigstens hinreichend politisch unkorrekt sind die vier Tracks auf dieser 7inch-EP schon. Trash pur: dünnpfiffiger Sound, rudimentäres GeschrammeL, mieses Englisch. „When I see a cute little girl“, singen die Stuttgarter, „I want to fuck with her.“ Potztausend, mal ganz was anderes. 2,0
Hammond-heavy und Sixties-psychedelisierend ist „Seeds Of Light“ (Detour) von THE LEAP, die bis vor kurzem noch Stereophonic hießen, dann aber den finanziellen Avancen der Waliser mit -s erlagen und ihr Namensrecht veräußerten. Retro mit Schmackes und Stil. 3,5
Stilwillen immerhin können wir THE BRICATS attestieren, deren vier Tracks auf der EP „When I Look Into Your Eyes“ (Part Records) so gefällig wie hölzern in Fifties-Highschool-Manier rocken, leider aber hopelessly out of tune. 2,0