45 RPM von Wolfgang Doebeling
Drei Jahrzehnte nach „Pet Sounds“ kommen die BEACHBOYS via Zinch auf Sub Pop (!) ins Haus, auf die Vocals reduziert in „Wouldn’t It Be Nice“ und auf den Backing Track in „Here Today“. Als A-Seite fungiert indes „Just Wasn’t Made For These Times“ in einem kompletten und komplexen Stereo-Mix. Sein Schöpfer wurde dieser Effekte freilich nie teilhaftig, und dennoch war Brian Wilsons Taubheit auf einem Ohr der geringste aller Gründe für die Zeile „Sometimes I get very sad“, die der Schlüssel ist zu diesem Song und zu seinem Spätwerk, eine Essenz, die deshalb an die Nieren geht, weil sie sich durch mehrere Schichten der süßesten, vertracktesten Harmonien ins Gemüt gräbt. 4,5
Vom Lehrer zum Schüler, vom Tragöden zum Tüftler: Sean O’Hagan hat die Akkorde und Kadenzen der Beach Boys verinnerlicht und verharrt mit seinen HIGH LLAMAS stets an dieser Oberfläche. „Nomads“ (Alpaca Park) stützt sich auf eine schön austarierte Balance zwischen Zucker und Zimt, zwischen Melodie und Monotonie, doch sind die restlichen drei Tracks dieser 12inch nur Studio-Manöver eines Sound-Strategen, der Banjos gegen blubbernde Synths stellt und sich nicht mehr einkriegt, wenn sie sich vertragen. Fluff, aber vom feinsten. 4,0
„White Jazz“ war schon recht formidabel, doch mit „Biography Of A First Son“ (Too Pure/RTD) kredenzen JACK ein hochdramatisches Stück perfekter Popmusik, so musisch-melancholisch wie „All Of My Heart“ von ABC, aber mit Tempo, so drängend und so druckvoll wie Magazine, aber mit flirrenden Geigen und profundem Bariton. Exkuisit. 4,5
Ebenso exciting sind die FLAMING STARS auf ihrer 7inch-EP „Downhill Without Brakes“ (Vinyl Japan). Da wäre zum einen der Title Track, eine Höllenfahrt mit psychedelisierender Orgel und einer Atmosphäre, die an „Evil Hearted You“ von den Yardbirds gemahnt. „Broken Heart“ ist Johnny Kid & The Pirates pur, „Eat Your Heart Out“ hat Grandezza und Gravität der Walker Brothers, und „Burnt Out Wreck Of A Man“ ist weniger fatalistisch als final. Joe Meek would have loved it. 4,5
MANSUN leben offenbar noch in Madehester, schwören auf „Screamadelica“-Grooves, Shaun-Genöle und – Zugeständnis an die „Moderne“ den mittlerweile omnipräsenten Gallagher-Gitarrensound. Drei von vier Tracks ihrer EP „Two“ (Parlophone/EMI) beginnen denn auch mit ein bißchen Electro-Cuteness, bevor sie sich in die Saiten fallen lassen: zu durchsichtig, zu kalkuliert. 2,0
„Produced by Kim Fowley“ stand einst auf Platten mit Karacho und Charakter. Heute hurt sich der grelle Smartie durch die Studios und drückt gegen geringes Entgelt seinen Stempel auf Machwerke wie „Superstar“ (Almo Sounds) von den NILON BOMBERS, die John Wayne auf Kurt Cobain reimen und Johnny Marr auf Cantona und darauf so platte Riffs setzen, daß sich Status Quo dafür schämen würden. How the mighty hare fallen. 1,5
US-Underground-45’s kommen meist mit dem uniformen Habitus des Unfertigen daher, musikalisch sowieso, aber auch in Sachen visueller Ausstattung. THE EMPIRE FREAKSHOP aus dem Norden unsere Republik manifestieren sich auf „In Trouble“ (Götterwind Imperium) zwar als Crosscut aller wohlmeinenden und wundenleckenden College-Bands der 90er Jahre, legen aber gesteigerten Wert auf Präsentation: Doppel-Single im Foldout-Cover, limitiert, numeriert. Für Soundgarden-Fans. 2,5
Den Freunden des mehr Sixtiesinspirierten Primitivismus dürften THE WILDBEESTS hochwillkommen sein, ein schottisches Trio, das sich aus Mitgliedern der Milkshakes, Kaisers und Thanes rekrutiert und mit „Hidden Charms“ (Screaming Apple) und „Down In The Bottom“ gleich zwei Willie-Dixon-Songs auf den Planeten Trash beamt. Dort wird der Blues zum Tanzen gebracht, indem man ihn prügelt. Don ‚t beam me up. 2,5