Aimee Mann – The Forgotten Arm
Man ist zunächst enttäuscht: Im Vorfeld zum neuen Album von Aimee Mann war die Rede von hehren inhaltlichen Konzepten, von einem neuen Produzenten (Joe Henry) und einer schwer rockenden Platte. Alles anders!
Aber dann klingt „The Forgotten Arm“ beim ersten Durchhören doch wie immer. Die nasale, nun mal gar nicht wandlungsfähige Stimme, die möglichst cleveren Melodien, die untertriebenen Emotionen, all das kennt man von den letzten zwei Alben. Sogar der Sound ist ganz derselbe: Die schrotigen Gitarren, die pappigen Trommeln, die gedrosselten Tempi, alles wie gehabt.
Weil man nun nicht mehr so grundsätzlich zur Begeisterung bereit ist wie bei „Bachelor Nr. 2“ und Manns kreatives Bonusheft schon auf „Lost In Space“ kaum noch Seiten hatte, muß man sich regelrecht aufraffen, um sich einen Weg durch die bekannten Oberflächen zu bahnen. Aber was hat man denn erwartet? Mann ist keine vielseitige Interpretin, sondern eine Melodienerfindern, eine recht selbstreferentielle obendrein. Wenn man das mal weiß, ist man nicht mehr so enttäuscht, sondern macht sich auf ins Innere des Werks.
Und entdeckt beim dritten, vierten Hören dann doch die neuen Texturen auf „The Forgotten Arm“. Entgegen den mit tausend Gitarren, Loops und Tastaturen vollgemachten letzten Alben hat Henry Manns Platte mit bloß einem Musiker pro Instrument aufgenommen und einen kloberigen, am Songwriter-Rock der frühen Siebziger orientierten Sound entwickelt – Mann sagt „Mott The Hoople trifft auf Alterna Country“, und man weiß zumindest, was sie meint Höhepunkt ist ein extrem trauriges Lied namens „This Is How I Knew This Story Would Break My Heart“, das sich über ein paar Piano-Akkorden in einen kathartischen Rausch aufschwingt, gleich danach kommt „I Can’t Help You Anymore“, auch von tragischer Größe und mit seelenvollem Honky-Tonk-Klavier.
Und dann ist da ja noch das Konzept Mann hatte beim Komponieren die Geschichte von John (drogenabhängiger Boxer) und Caroline (kleinstadtmüde Freundin) im Kopf, eine Art Roadmovie vom Scheitern zweier Leben und den schlimmen Anhängigkeiten ungesunder Zweisamkeit.
Man spürt den losen Zusammenhalt, der diesen Liedern einen gemeinsamen Ausgangspunkt gibt Und: daß Mann den zunächst vermuteten Fehler – nämlich einfach nur ein weiteres Album aufzunehmen – doch nicht gemacht hat. Puh.