Alternativen :: von Michael Ruff

Stellt man sich die akustische Version eines antarktischen Schneesturms vor, so sind FLYING SAUCER ATTACK nahe herangekommen, ein solches Naturereignis in Töne umgesetzt zu haben. Nahezu jeder Klang auf „New Lands“ (Domino/RTD) ist in Richtung Wfeißes Rauschen verfremdet, und dieses Sound-Gestöber füllt jedes denkbare Ambiente schlagartig mit Frost. Der Sänger faucht feine Kondenswölkchen, dazu verstärken zum Rhythmus geloopte Industriegeräusche die sinistre Atmosphäre. Doch so unwirtlich, wie diese Zeilen wirken, ist die Musik gar nicht: Sie ist feinsinnig komponiert, nur derart suggestiv, daß dem Hörer nur ein klares „Pro“ oder „Contra“ bleibt. Von hier aus: 4,0

Der Gitarrist Duane Denison und Drummer James Kimball bilden hauptberuflich die Hälfte des Chicago-Quartetts The Jesus Lizard. „Neutrons“ (EFA), das neue Album ihres gemeinsamen Seitenprojekts DK 3, ließe das nicht unbedingt vermuten. Von Ken Vandermark (div. Blasinstrumente) zum Trio verstärkt, bewegt sich die Band auf dem so schwierigen Terrain zwischen Ornette Coleman und Euro-Ethno im Stile von Can. Doch als gute Studenten zeigen sie sich dieser Aufgabe gewachsen, indem sie die unterschiedlichen Strömungen immer getrennt halten, und stellen damit eine Verbindung her, ohne daß die stilistischen Abgrenzungen dabei verschwimmen. 4,0

JOHN DARNIELLE alias Mr. Mountain Goats ist zurück von seiner Weltreise in Sachen Lo-Fi-Folk. In der gewohnt guten Form kommt er mit „Full Force Galesburg“ (EFA), einem Sack voll Songs, aufgenommen in Kalifornien, Neuseeland und Iowa. Er spielt enthusiatisch Gitarre, seine Stimme überschlägt sich vor Freude, und die sporadischen Begleiter stören nicht. Sein Name bürgt seit Jahren für Platten dieser Qualität, und enttäuscht hat er bislang niemanden. Wie lange hält der das wohl noch durch? 3,0

Unter den zahllosen US-Gitarrenbands nahmen POLVO immer eine Sonderstellung ein. Ihre Songs folgen weder gängigen Strukturen noch bestimmten Vorbildern. Mit „Shape“ (Touch & Go/EFA) ist ihnen ihr bislang reifstes Werk gelungen. Was früher leicht ins Theatralische kippte, ist diesmal fein ausbalanciert, auch die eingestreuten Ethno-Elemente und Studio-Sounds harmonieren mit den kantigen Rock-Vorlagen. Zum glorreichen Finale gibt es ein ausufernd meditatives Gitarren-Instrumental, welches an jene verwehten Tage erinnert, als man zu solcher Musik noch „Progressive Rock“ gesagt hat 4,0

Auch U.S. MAPLE machen im weitesten Sinne Rock. Aber was immer dieses Genre polulär gemacht hat – auf „Sang Phat Editor“ (Skin Graft/EFA) wird es sorgsam ausgespart Gitarren und Schlagwerk finden nur selten zueinander, Songstrukturen werden gnadenlos zerbrochen, ein Sänger taumelt deklamierend durch die Trümmer. Wahrliche spröde Musik, doch ihr seltsamer Sinn für Dynamik bei Abwesenheit vordergründiger Sound-Effekte lohnen das geduldige Einhören. HHHH

Nischen und Abstraktionen also, wo man nur hinschaut. Wer den wahren, dreckigen (etc.) Rock’n ‚Roll vermißt, muß am anderen Ende der Welt suchen. In Japan zum Beispiel, wo das Trio GUITAR WOLF residiert. „Planet Of The Wolves“ (Matador/RTD) ist eine einzige Non-Stop-Attacke auf gepflegte Rockisten-Ohren und die träge Konkurrenz. Trotz billigster Aufnahmetechnik zeigt sich bald, daß hier Drei-Akkord-Virtuosen am Werke sind. Schöne „Satisfaction“-Version, außerdem. 3,0

Oder Finnland vielleicht? Dort agieren vier Damen unter dem Namen THEE ULTRA BIMBOOS, um die Tradition der Trash-Girl-Bands ins nächste Jahrtausend zu überführen. Auf B „Supermess“(Twang) treffen die Runaways freudig auf Bikini Kill – kleine Differenzen spielen im skandinavischen Hinterwald keine Rolle. 3,0

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