Annie Lennox – Bare :: BMG
Wenn Ayurveda, Kabbala und der Maharishi nicht mehr helfen, dann macht sie sich halt nackig. Sieht ja noch ganz fesch aus für bald 50, wenn auch nicht auf dem Cover, wo sie wie ein in Babypuder gewalztes Huhn ausschaut, mit markanter Falte um den Mund. Annie Lennox ist ein so genanntes Thema für Frauenzeitschriften und den „stern“. Nachdem Madonnas militante Selbstbespiegelung gescheitert ist, kommt hier die reife Frau mit Lebenserfahrung und Narben auf der Seele, ungebeugt auf der Suche nach ihrer Mitte.
Sie kommt in Keyboard-Ambiente mit viel Hall, synthetischem Schlagwerk und gehobenen Sehnsuchts-, Trauer- und Befindlichkeitsschlagern. Die sind sehr beliebig und sehr geschwätzig, aber hey, Annie hat sie alle selbst geschrieben. Es geht also um „Loneliness“, „Bitter Pill“, „A Thousand Beautiful Things“ und „The Hurting Time“. Als ob die Menopause singen könnte! Manchmal aber klingt Annies Stimme noch immer nach Soul statt nach Botox. Am Schluss betet sie: „Oh God/ If there was ever a soul to save/ It must be me.“ Aber wo ist eigentlich diese langhaarige, bartstoppelige Lemure, die Annie früher begleitete?