Avatar :: Pandoras Büchse
„I’m the king of the world“, zitierte James Cameron bei seiner Dankesrede mit dem Oscar in der erhobenen Faust aus seinem Werk. Das war 1998. „Titanic“ hatte elf Trophäen gewonnen, wurde mit weltweit 1,8 Milliarden Dollar der erfolgreichste Film aller Zeiten. Ein legendärer Triumph. Doch Cameron blieb ein König ohne Reich, tauchte ab und für eine Dokumentation hinunter zum Wrack der „Bismarck“. Fast hatte man ihn vergessen. Dann kam „Avatar“. Bislang 2,7 Milliarden Dollar hat das Science-Fiction-Epos eingespielt und Cameron also den eigenen Rekord übertreffen. Auch wenn Inflation und Preisaufschläge für die 3D-Version den Höhenflug etwas verfälschen: Damit hat keiner gerechnet. Erwartet wurde dann allerdings, dass sich die Geschichte wiederholt und „Avatar“ bei neun Nominierungen auch die diesjährige Oscar-Verleihung dominieren würde. Es gab dann lediglich drei Preise für Art Direction, die visuellen Effekte und Kamera. Erleichtert, jedoch ohne Häme kann man sagen: Das ist angemessen. Gleichwohl ist dies eine Zäsur.
Denn in technischer Hinsicht hat dieser 3D-Blockbuster schon jetzt das Kino einschneidend verändert. Zwar rollte die dreidimensionale Revolution wie eine generalstabsmäßig geplante Invasion aus Hollywood heran. Aber die Vorhut waren 2009 überwiegend Animationsfilme, Kinderabenteuer und Weihnachtsmärchen. Man testete seine modifizierte Wunderwaffe aus den 50er-Jahren quasi an einer Zielgruppe, die auch für Zaubertricks und Überraschungseier empfänglich ist.
Maßstab für die Zukunft aber war das Abschneiden von „Avatar“. Darin sind Zweidrittel der Bilder vom Computer generiert. Ähnliche Werte haben auch früher schon Filme mit Schauspielern erreicht. Doch hier wirkt nichts künstlich. Cameron und seinen Programmierern ist es gelungen, die optischen Unterschiede zwischen realen und digitalen Charakteren nahezu aufzuheben. So erscheint Sam Worthington einem nicht als künstliches Wesen, wenn er in seinen Avatar geschlüpft ist. Auch die 3D-Effekte, die einen in anderen Filmen oft noch anspringen wie ein Flummi, fügen sich homogen in die fulminanten Actionszenen und die faszinierenden Bilder von Tieren und Pflanzen ein. Seither werden in Hollywood auch für Spielfilme mehr 3D-Konzepte entworfen oder gar welche hastig nachgedreht. Ob damit die Büchse der Pandora geöffnet wurde und das Kino zum Gimmick verkommt oder alles kreativer wird, muss sich erst noch herausstellen.
Die einfältige Story aus Pocahontas-Romanze und Öko-Thriller über einen Großkonzern, der für Raubbau und Profit mit dem Militär die naturverbundenen Eingeborenen vertreiben will, ist jedenfalls nicht denkwürdig. Bei den plumpen Dialogen hätte Cameron für das Navi-Volk auch keine eigene Sprache entwickeln lassen müssen. Seine visuelle Welt aber bleibt auch zweidimensional auf DVD ein Ereignis