Aventine :: Eher seichter Kuschel-Pop mit anspruchsvollen Arrangements

Nach einem langen harten Tag voll akribischer Recherchen und blumiger Formulierungen lege auch ich abends gern mal die Füße hoch. Nicht alles, was dann läuft, ist ein Fall für die Fünf-Sterne-Abteilung. Eher das Hintergrundrauschen zu einem netten Abendessen oder ein paar Kapiteln in einem guten Roman. Agnes Obels Musik ist dafür maßgeschneidert. „Aventine“, nach „Philharmonics“ das zweite Album der 32-jährigen Dänin, vermeidet jede Dissonanz, Aufregung und Komplexität.

Der Rhythmus ihrer Songs ist meist der eines sehr sanft schlagenden Herzens -kurz vor dem Wegschlummern. Das Piano perlt so sacht und kristallklar wie der Regen im Werbevideo einer Lebensversicherung. Damit niemand sagen kann, „Aventine“ sei ganz schön seichter Kitsch, sind die Arrangements mit sehr viel Sorgfalt und Liebe zum Detail auf anspruchsvoll getrimmt. Sorgfältig designte Klangräume öffnen sich da weit und elegant, darinnen funkeln von Satie geklaute Pianoläufe wie edle Juwelen. Meist kommen noch ein paar Streicher hinzu, stets dezent, nie zu laut. Der betont feminine, aber nicht mädchenhafte Gesang passt sich diesem Umfeld an. Ist das jetzt ein gehauchtes Sehnen, oder ein sehnendes Hauchen? Egal, irgendwie rutscht dieser Kuschel-Pop zwischen alle Begriffe. Man hat das Album gehört – und sofort wieder vergessen. Und wenn ich ehrlich sein soll: Mir geht diese seit Jahren grassierende Mischung aus Gefühligkeit und den Werten von Manufactum, dieses Überangebot an Streichern, Orchestern und Steinway-Flügeln gehörig auf den Keks. „Aventine“ wird deshalb bei mir doch nicht so oft laufen. Nicht mal im Hintergrund.(PIAS/ Rough Trade) JÜRGEN ZIEMER

Dave Stewart

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