Bar Italia
„Some Like It Hot“
Matador/Beggars (VÖ: 17.10.)
Schillernder Neo-Britpop mit tollen Arrangements.
Trotz des großen Karrieresprungs in den letzten zwei Jahren pflegt das Londoner Trio weiterhin eine schattenhafte Aura. Die Anmutung des Seltsamen. Im Video zu „Cowbella“, gedreht im Berliner Graue-Maus-Stadtteil Moabit, rumpeln Sängerin Nina Cristante und ihre Mitstreiter durch Partykeller und Hinterhöfe. Die Botschaft: Wir bleiben unberechenbar. Die Musik dazu ist entsprechend launischer Indie-Rock britischer Bauart, der sich in diesem Stück zu einem explosiven Finale hochhangelt. Auch „Fundraiser“, der Auftakt ihres dritten Albums (je nach Zählweise), folgt dieser variablen Songstruktur.
Some like it bunt
Insgesamt betrachtet ein Erbe, das bei The Kinks ansetzt, The Fall streift und die Energie der Happy Mondays gern mitnimmt. Das Tempo rausnehmen können sie natürlich auch. „Marble Arch“ und „Bad Reputation“ sind Pub-Balladen im Nieselregen, bei denen Cristante und ihre Gitarren-„Mates“ in einem seltsam anmutigen Wechselgesang schwelgen. Auf Strecke ist ihnen der Karacho-Modus zu eindimensional. Some like it bunt. Es gibt (vereinzeltes) Feedback-Gequieke, und „Omni Shambles“ hat einen fröhlich bollernden Punk-Chorus.
Das Finale mit der Kombi „Eyepatch“ und „Some Like It Hot“ folgt diesen Schnell-langsam-Wendungen, die ohne bemühten Kunstkrampf auskommen. Denn bei alldem haben sie auch ein hörbares Faible für die Süße des Pop – „Plastered“ etwa ist ein bezaubernd arrangiertes Juwel –, sodass man am Ende gar nicht mehr weiß, ob man es hier noch mit einer Rockband zu tun hat. Eine Indifferenz, die durchaus im Sinne der drei Grazien sein dürfte. Die Titel-Gleichheit mit der Screwball-Komödie von Billy Wilder wird übrigens nicht näher erklärt. Beide Werke haben jedenfalls ein goldenes Händchen für Timing.
Diese Review erschien zuerst im Rolling Stone Magazin 10/2025.