Ben Weaver – Blueslivinghollerin
Kelly Joe Phelps kann das und ein Alvin Youngblood Hart, Ben Weaver bei seinem Debüt nicht minder: Blues auf seine ‚Country‘-Essenz reduzieren, seine Herkunft vom Land betonen und dabei die Verstärker ausgeschaltet lassen. Wenn die vier ausgewählten Aufnahmen repräsentativ für das ganze Album sind, dann reihte er sich 1999 mit „El Camino Blues“ fürs erste in die Elite der Besten unter den Neotraditionalisten der Gattung ein. Für eine Wohnzimmerproduktion von geradezu sensationeller Aufnahmequalität, erschien diese Platte genauso wie die nächsten beiden – das in ganzen fünf Stunden eingespielte „Living In The Ground“ und das 2002 veröffentlichte „Hollerin‘ At A Woodpecker“ – auf einem Indie-Label.
„I Cried All Night“ erinnert mehr als nur ein wenig an Townes Van Zandt, zumal der Sänger Ben Weaver öfter noch wie eine Mischung aus dem und Steve Earle rüberkam. Beim mehr in Richtung Captain Beefheart und Tom Waits tendierenden Blues der zweiten Platte kamen Mülleimer und anderes ungewöhnliches Schlagwerk zum Einsatz. Die LoFi-Asthetik dürfte hier aus der (finanziellen) Not geboren worden sein, weshalb sie auch nicht so kokett verspielt anmutet wie beim letzten Tom-Waits-Album. Aber wie sich Weaver als Sänger hier auch mal vor Taj Mahal verneigt, ist sehr nett.
Experimentierlustig gab er sich bei anderen Aufnahmen zu „Hollerin‘ At A Woodpecker“. „Blood“ darf man sich so vorstellen, als hätte Leonard Cohen eine tieftraurige Country-Ballade aufgenommen. Die Figuren und Landschaften, die er hier entwirft, sind so mythisch wie die in Leone-Western. Das nicht gesungene, sondern erzählte „Semis Sounded Like Thunder“ weckt Erinnerungen an mehr „dokumentarisch“ montiertes Material aus Ry Cooders „Long Riders“-Soundtrack. Der instant classic der Gattung Countrv Music ist hier „Sara“. Da fielen ihm ein paar hübsche Verse ein wie „And now that the wind’s got my tongue/ I can feel the kiss in my blood“.
Derselbe Ben Weaver bekannte dann auf einem der besten Songs der nächsten Platte gleich zu Beginn: „I love you like a wound…“ Aus derselben – „Stories Under Nails“ – bietet der vorliegende Sampler drei Outtakes. Das metaphorisch verrätselte „Vapor“, die schwerblütige Ballade „Liza“ und das düstere Epos „Boxcars“, ein zehnminütiger Kurzfilm, in dem er eine gespenstisch fahle Landschaft für besagte Güterwagen entwirft. Vierte bislang unveröffentlichte Aufnahme ist seine brillant arrangierte Version von Dylans „Ballad Of A Thin Man“. Er ist ein talentierter junger Mann.