Big Star – Keep An Eye On The Sky :: Verglühte Nova

Die Geschichte beginnt nicht mit Alex Chiltons Nr. 1-Hit „The Letter“, sondern mit Chris Beils „Psychedelic Stuff“. Als Hommage an die Beatles des psychedelischen Jahres 1967 war das fast ein förmliches Bewerbungsschreiben, das er an Apple hätte schicken können. Wieso Chilton, der Sänger der Box Tops, der mit „I Must Be The Devil“ einen kleinen Klassiker des Südstaaten-Soul geliefert hatte, besagtem Genre so völlig abschwor, um sich wie der Kollege Bell auch als Beatlemaniac zu outen, ist nie ganz geklärt worden.

Die Cover-Versionen von Velvet Underground- oder Loudon-Wainwright-Vorlagen belegen, dass das Team nicht manisch auf die Fab Four fixiert war. Aber wenn Bell/Chilton bei „Watch The Sunrise“, „ST 100/6“ und anderswo hinreißend harmonierten, erinnerte das weniger an Everly Brothers oder Simon & Garfunkel, sondern an die Beatles von „Because“.

„What’s Going Ahn“ mit dem von „Blackbird“ inspirierten Intro – bei der hier erstmals veröffentlichten Demo-Fassung mehr noch als in der endgültigen Version – wie auch „You Get What You Deserve“ und das nachmals so geliebte „Back Of A Car“ waren praktizierte Beatlemania auf unübertroffenem Niveau. „September Gurls“ dann der Ohrwurm auf „Radio City“. Zwei Kostproben von Chris Beils Solo-Projekt – der war da schon aus der Band ausgestiegen – stützen einmal mehr die Behauptung, das zweite hätte das größte Big Star-Album werden können, wäre er geblieben.

So gilt vielen das danach aufgenommene „Sister Lovers“ weithin als solches. Dasselbe präsentiert diese Box praktisch komplett, vom Debüt dagegen die weitaus meisten Songs in Alternativ-Fassungen wie auch von „Radio Star“ noch etliche. Auch als „3rd“, dann am Ende als “ Third/Sister Lovers“ bekannt, präsentiert die dritte CD des Sets über die von Rykodisc 1992 vorgelegten Outtakes hinaus noch bislang gänzlich unveröffentlichte Aufnahmen, darunter einen Alternativ-Mix von „Till The End Of The Day“. In den Liner Notes verwahrt sich Jim Dickinson gegen den Vorwurf, er sei bei den Aufnahmen zu nachsichtig gegenüber Alex Chilton gewesen. Die Bänder für das geplante dritte Werk wanderten dann umgehend ins Archiv. In den schon sehr ausführlichen Liner Notes kann man nachlesen, wie bei der nachträglichen Veröffentlichung 1978 der ganze Big Star-Kult begann.

Von einem solchen konnte bei den Konzerten der Band im Januar 1973 in Memphis als Vorgruppe für Archie Bell & The Drells allerdings noch keine Rede sein. Bei diesen Auftritten (drei davon zusammengestellt als Mitschnitt auf der vierten CD) reagierte das Publikum ähnlich apathisch wie bei den von Velvet Underground dokumentierten der Jahre 1968/69. Alex Chilton mochte es trotzdem nie dem musikalisch geistesverwandten Badfinger-Kollegen Pete Ham gleichtun.

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