BLACK SABBATH :: Dortmund, Westfalenhalle

Ozzy kann es nicht erwarten. Der Vorhang ist noch unten, da fragt er schon aus dem Off, ob da draußen jemand sei. Doch, doch. Immerhin gut 15.000 Menschen haben sich eingefunden und die Westfalenhalle schon seit Monaten bis unters Dach ausverkauft. Der Erfolg des letzten Studioalbums „13“ hat noch einmal eine Menge gereifter Herren mobilisiert. Einige Grüppchen des Kuttenträger-Jungvolks sind naturgemäß auch da. Einmal wenigstens will man die Stammväter des Genres gesehen haben, um einen Haken dahinter zu machen. Wer weiß, wie lange das noch geht – Tony Iommi hat Krebs! Aber die Chemotherapie scheint er erstaunlich gut wegzustecken. Er sieht so aus wie immer. Spielerisch ist der schwarze Mann an der Gibson SG ohnehin einer der ganz großen Souveräne seiner Zunft. Und einen fetteren Gitarrensound gibt es auf diesem Planeten einfach nicht. Seine Riffs, von Geezer Butler mit der gewohnten Gründlichkeit untenrum arrondiert, sind nicht einfach nur hörbar, sie entwickeln eine geradezu stoffliche Dimension. Und augenscheinlich macht ihm die Arbeit an den harten Brocken weiterhin Spaß.

Er und Ozzy haben ihre alte Bühnenliebe wiederentdeckt. Wenn der Madman bei den ausgiebigen Instrumentalpassagen den Solisten anfeuert oder einfach nur wie ein Stummfilm-Monster durch die Szenerie geistert, dann huscht den beiden immer wieder ein Lächeln übers Gesicht, wie man es von alten Ehepaaren kennt. Und auch Ozzy scheint die wiedergefundene Harmonie gutzutun. Er ist so agil und stimmsicher wie schon lange nicht mehr.

Mit „War Pigs“ beginnt ihr wohlerprobtes Set. Zur Disposition stehen ohnehin nur die Reihenfolge und vielleicht drei, vier Songs. Das übrige anderthalbstündige Klassikerprogramm ist gesetzt. Auf der aktuellen Tournee hat man „Electric Funeral“, „Sweet Leaf“ oder „Sabbath Bloody Sabbath“ durch immerhin drei Stücke vom neuen Album ersetzt, die sich in diesem Kontext absolut behaupten können: Das programmatische „End Of The Beginning“, die Vorabsingle „God Is Dead?“ und „Age Of Reason“, ein Okolyt, dessen dunkler Glanz im Live-Einsatz noch einmal an Strahlkraft gewinnt.

Den Nostalgikern, die sich vielleicht gegrämt haben, weil Bill Ward nicht mit von der Partie ist, stopft Tommy Clufetos schon im ersten Wirbel von „War Pigs“ das Maul. Sein Einsatz wirkt wie eine randvolle Spritze Adrenalin ins Herz der Band. Das sich aus „Rat Salad“ entwickelnde Drum-Solo hätte es gar nicht gebraucht, um die atemberaubende Geschwindigkeit und die immense Wucht dieses Mannes unter Beweis zu stellen.

Nach genau zwei Stunden ist Feierabend. Zuvor war man kurz von der Bühne gegangen, um sich noch einmal für „Paranoid“ rausholen zu lassen. Weil das Auditorium jedoch diffus aneinander vorbei brüllt, sich nicht so recht auf einen gemeinsamen Schlachtruf einigen kann, hat Ozzy schließlich ein Einsehen und dirigiert aus dem Off. „Sing ‚One more song‘!“ Er weiß, was zu tun ist, damit dieser sehr würdige Abend ein ebensolches Ende nehmen kann. FRANK SCHÄFER

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