Blink-182 – Take Off Your Pants And Jacket

Man kann es mit der Bravo versuchen, mit „Beverly Hills 90210“ oder Filmen wie „American Pie“. Am besten aber funktioniert es mit Punkrock. Alle paar Jahre erlaubt es einem eine neue Band, für ein paar Minuten wieder ein Siebtklässler zu sein.

Nach Green Days Masturbations-Hymnen und den Outsider-Scherzen von Offspring versuchen es diesmal Blink-182. Das Trio aus San Diego schreibt recht simple Songs mit albernen Texten, die von quäkenden Stimmen vorgetragen werden. Eigentlich grasslich, aber es ist wie mit Kinderliedern: Sie beißen sich sofort im Ohr fest, und dann wird man sie nie wieder los. Dank dieser Strategie haben Blink sieben Millionen von „Enema OfThe 5tofe „verkauft, schnell ein Live-Album nachgelegt – und müssen jetzt mit „Take Off Your Pants Andjacket“ zeigen, dass ihre Halbwertszeit länger ist als etwa die von Green Day – deren einstigen Produzenten Jerry Finn sie gleich mal angeheuert haben.

V&fetten möchte man nicht darauf, dass die drei es ihren großen Vorbildern, den Ramones, nachmachen und noch Jahrzehnte durchhalten. Das Gefälle zwischen Klassikern wie „I Wanna Be Sedated“ und Liedchen wie „The Rock Show“ ist doch immens. Nur selten gelingt Blink etwas wirklich Eigenes – dann fällt das Alberne ab und sie werden gar pathetisch. „Stay Togethet For The Kids“ wird gefordert – vom zornigen Scheidungskind, das nicht kapiert, was passiert Auch die Aufregung bei „First Date“ ist so rührend, dass man glaubt, die erste ferabredung von Mark Hoppus sei erst zwei V&fochen her. Aber der Mann ist längst verheiratet!

tonträger

Entweder haben Hoppus und Gitarrist/Gelegenheitssänger Tom De-Longe damals detailliert Tagebuch geführt – oder sie sind schlauer, als man dachte, und wissen genau, was ihre Zielgruppe hören will. In „Give Me One Good Reason“ wird da gedichtet: „Hate the jocks, the preps, the hippiefuckin‘ scumbags/ Heavy metalers with their awful, pussy hair bands/ Counting seconds until we can get away/ Ditchin‘ school almost every single day.“ Und dann sind die Typen endlich raus aus der Schule – und kehren dauernd, in all ihren Songs, dorthin zurück. Da hätten sie ja auch Lehrer werden können.

Das wirklich Ärgerliche an dem an sich harmlosen Gepoppunkrocke ist aber, dass sie jugendliche Sorgen so niedlich aussehen lassen. Im ersten Moment mag sich der 13-Jährige in jedem Menschen verstanden fühlen, aber im zweiten wird schon wieder Spaß gemacht. Ist doch alles halb so schlimm. Eine fröhliche Melodie gepfiffen, und das abweisende Mädchen ist vergessen, oder der böse Papa, oder die blöde Schule. Wenn es im echten Leben nur so einfach (gewesen) wäre.

Zu Blinks Kiddie-Punk-Philosophie gehört gleichzeitig natürlich auch, dass sie grundsätzlich an gar nichts schuld sind: „Kids are victims in this story/ Drown the youth with useless warnings/ Teenage rules, they’re fucked and boring.“ Langweilig, nicht gelangweilt. Praktisch genau wie diese Musik: Vieles rockt einfach dumpf vor sich hin, mit einiger Kraft, aber ohne Sinn und Verstand.

Als Siebtklässler kann man sich später noch überlegen, was man nach dem Schulabschluss machen will. Als Blink-182 muss man sich nach fünf Alben langsam schon mal fragen: Wie soll das noch weitergehen? Oder, wie Eltern sagen würden: Kind, denk an deine Zukunft, lerne einen anständigen Beruf. Diese Rockmusik ist nichts für dich.

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