Bob Dylan :: The Bob Dylan Remasters
Das haben Legacy-Produzent Steve Berkowitz und die von ihm für dieses gewaltige Remaster-Projekt engagierten Tonmeister richtig fein gemacht. Die Remix/Remaster-Ausgabe von „Street-Legal“, die Dylan 1999 ausnahmsweise gnädig gestattete, hatte ja bereits einen Vorgeschmack gegeben. Selbst „Desire“ klingt jetzt um vieles besser, weil man die gröberen Mängel durch geschickt eingesetzte Nachentzerrung ausmerzen konnte. Den – zumindest vergleichsweise – geringsten klanglichen Mehrwert bieten die jüngeren Aufnahmen wie „Infields“, „Oh Mercy“ und „Love And Theft“. Bei denen am Original-Mix klanglische Retuschen vorzunehmen, hätte auch keinen Sinn gemacht. Faszinierend allerdings: der Surround-Remix von „Love And Theft“, bei dem man wie bei den anderen fünf Multikanal-Neumischungen auf jegliche vor allem bei DVDs oft übliche Effekthascherei verzichtete, statt dessen eine Live-im-Studio-Illusion realisierte, durch die diese Aufnahmen tatsächlich eine ganz neue Qualität gewinnen.
Das gilt – kaum zu glauben, aber wahr – auch für den 5.1-Remix von „Another Side Of Bob Dylan„. Hier wie auch in einigen anderen Fällen machte man aus der Not eine Tugend: Weil die Stereo-Mutterbänder wie die einiger früher Byrds-LPs im Laufe der Zeit so verschlissen und praktisch unbrauchbar geworden waren, griff man auf das Vierspur-Multitrack zurück, um davon eine komplett neue Mischung zu erstellen. Das Ergebnis: keine klanglichen Verfärbungen mehr, alles viel besser ausbalanciert und eine Live-Präsenz, die überwältigt. Nicht nur, dass etwa die Gitarre bei „Spanish Harlem Incident“ auf einmal nicht mehr punktförmig abgebildet wird, sondern räumliche Ausdehnung hat. Zum ersten Mal kommt sie unverfälscht in den Klangfarben. „My Back Pages“, bei dem der Mix früher so katastrophal klang, dass man annehmen konnte, Dylan habe das unter der Einwirkung von Valium oder vergleichbaren chemischen Substanzen aufgenommen, gewinnt durch den Remix unglaublich an Dynamik und Intensität. Des Rätsels eher technische Lösung: In der Absolut-Tonhöhe weicht diese Neuabmischung geringfügig von der Originalfassung ab. Nur geringfügig – schneller nämlich, anderer „pitch“ -, aber das macht den ganzen Unterschied.
„It Ain’t Me, Babe“ ist auch so ein Quantensprung an Klangqualität: Erstmals ist die Gitarre nicht mehr tief im Mix begraben. „Motorpsycho Nightmare“ schließlich – jener Song also, den Dylan danach als „Bob Dylan’s 115th Dream“ noch einmal mit kompletter Band aufnahm und für den er einen neuen Text geschrieben hatte – klingt jetzt nicht minder faszinierend.
Bei dem in kammermusikalischer Besetzung aufgenommenen John Wesley Harding“ ist der klangliche Mehrwert größer noch als bei „Nashrille Skyline“. Gegenüber der miserablen Erstabmischung von „Desolation Row“ ist der Remix auf „Highway 61 Revisited“ nachgerade eine Offenbarung. Klanglich die gelungensten Remaster bei „The Freewheelin‘ Bob Dylan“ sind „I Shall Be Free“ und „Girl From The North Country“. Allerdings hört man jetzt bei „Talking World War III Blues“ noch deutlicher den technischen Murks, wenn der Tonmann am Mischpult Stimme und Harmonika zu- bzw. per Knopfdruck abschaltete. Und dass auf „Blonde On Blonde“ die Nummer „Obviously Five Believers“ etwas zu hastig und Sekunden früher als bei der LP ausgeblendet wurde, ist einer der wenigen kritikwürdigen Punkte bei dieser Remaster-Edition.
Durchweg überwältigend hingegen ist nicht nur der 5.1-Remix von „Bringing It All Back Home“., sondern auch die Stereo-Spuren. Wirklich „spectacularly remastered“, wie es die Sticker auf den Digipaks behaupten.