Bonaparte

Sorry, We’re Open

Staatsakt VÖ.: 17. August 2012

Bonaparte habe ich mir bisher immer als bunte Zirkustruppe vorgestellt, mit Tobias Jundt als großem Zampano und Direktor. Eine laute Freakshow mit üppigem Kostümfundus, analog und immer auch ein bisschen altmodisch – eben so wie die Bandfotos, die ein bisschen an die vergessene Jugendbewegung der Spontis erinnern. Die Musik blieb dabei immer ein wenig im Hintergrund. Nicht zuletzt, weil die ersten beiden Alben zwischen Autobahn und Bettkante auf einem Laptop aufgenommen wurden. Doch das ist nun vorbei – „Sorry, We’re Open“ entstand im eigenen Studio und wird über den Major Warner vertrieben. Bonaparte möchten in die Top Ten durchstarten.

„There’s a schooner in the offing/ With her topsails shot with fire/ And our hearts have gone aboard her/ For the islands of desire“, zitiert Tobias Jundt im Opener „When The Ship Is Thinking“ den amerikanischen Dichter Richard Hovey, mit der Stimme eines knarzenden Bordcomputers. Das atemlose „Quarantine“ macht danach klar, wohin die Reise geht: hinein in einen brodelnden Mahlstrom aus verschwitztem Blues-Rock, durchzuckt von einem krachenden Elektro-Gewitter. Der Titelsong stapft dagegen eher breitbeinig durch das von Jundt annektierte Rock’n’Roll-Terrain. Seine Gitarre sei eine Kalaschnikow, die Bassdrum eine Bazooka, tönt er aus vollem Hals. Doch der Verkleidungskünstler macht nur Spaß, spritzt gern mal mit Kunstblut: „The end of entertainment is the beginning of war.“ Und immer wieder hämmern und fiepen die Elektro-Sounds, natürlich rein analog. Die Band legt Wert auf die Feststellung, dass das ganz Album ohne digitale MIDI-Schnittstellen aufgenommen wurde – alle Instrumente und Maschinen würden in Echtzeit wummern. Mit „C’est à moi qu’tu parles?“ gibt es sogar einen französischsprachigen Song,  wie viele Schweizer ist Jundt ein Multi-Linguist.

Okay, aber taugt das Album etwas, werden Sie jetzt vielleicht fragen? Doch, schon. „Sorry, We’re Open“ bietet eine Menge Abwechslung, die Leidenschaft ist echt, die Verbindung aus Rock und analoger Elektronik funktioniert hervorragend. Aber ausgerechnet das, was wahrscheinlich vielen gefällt, stört auch am meisten: Das kunterbunte, ausgeflippte Freaktum, die Haltung, es auf dem Kinderspielplatz mal so richtig crazy krachen zu lassen. Ein bisschen so, wie sich „Tatort“-Regisseure eine verrückte Rockband vorstellen, die gemeinsam in einer Berliner Fabrik-Etage lebt und probt. Kurz: Es scheint ganz so, als stünden wir unmittelbar vor einem Sponti-Revival.

Beste Songs: „Quarantine“, „C’est à moi qu’tu parles?“