Brazilian Girls – Brazilian Girls
Flirrende Mixturen aus Tango-Trance und Bossa-House und vielem mehr Seltener als Ostern im März, aber gelegentlich kommt es eben doch vor, dass eine Sängerin ihrer Zuhörer schon mit dem ersten Ton ihres ersten Songs in Fans verwandelt. Sabina Sciubba, in Rom geboren, in München und Nizza jazznah aufgewachsen, in New Yorks „Nublu Club“ als samstäglich jammendes Mitglied der Pop-Elektonic-Avantgardeszene (Wax Poetic etc.) aufgefallen, ist zwar nicht Brazilian, aber unverkennbar Girl Das einzige übrigens in einer Band, die lustvoll gegen alle Erwartungen verstößt, wie sie weckt, wer sich Brazilian Girls nennt.
Die drei Boys kommen aus Argentinien und den USA, spiel-(t)en im Umfeld von Bebel Gilberte (Keyboader Didi Gutman), John Scofields „Überjam“-Band (Bassist Jesse Murphy) oder Jazzmusikern wie Andy Narell und Omar Sosa (Schlagzeuger Aaron Johnston). Ziemlich schräge Jungs also und eine Frontfrau, die mutig ist, auch wenn sie manchmal kokett brav klingt wie Astrud Gilberto. Aber nur, um im nächsten Moment mit Dancehall Reggae und dem Refrain „Pussy! Pussy! Pussy! Mari-jua-na!“ klarzustellen, dass sie ein ziemlich böses Mädchen ist. Und dass von Zweideutigkeit zu reden, ihre Forderung „Don’t Stop“ noch verharmlosen würde: „Don’t stop now! Just keep on going! Until I come. Until I come in.“
Hereinspaziert ins subtil sample-satte Club-Reich flirrender Mixturen aus Tango-Trance und Bossa-House, in dem filmmusikreife Intros („Long“) auf italoschräge Bläsersätze folgen und Queen Sciubba in fünf Sprachen mal gelangweilt-lasziv nach Grace Jones klingt und dann wieder unschuldig-mädchenhaft wie Suzanne Vega.
Das ist alles schon ganz schön clever kalkuliert, kommt aber so rund und überzeugend rüber, dass sich Widerstand wegen Hype-Verdachts schnell ab zwecklos erweist: Wer sich von hypnotisch-tanztauglicher Musik aufstacheln oder abkühlen lassen will („Latin Lover“, von Matthew Herbert geremixt, wurde via Vorab-EP zum Chill-Out-Favoriten), dürfte sich früher oder später im Netz der Brazilian Girls wiederfinden.