Brett Anderson – Wilderness :: Schlicht bis fade: Der Ex-SuedeSänger als angeknackster Dandy
Man hatte ihn bereits verloren gegeben – als Brett Anderson auf seinem ersten Soloalbum eine alberne Kapitalismuskritik daher jammerte, die auch einem dauerempörten veganen Schülersprecher (17) gut zu Gesicht gestanden hätte. „Wilderness“ ist nun eine Erleichterung, weil es sich derartige Plumpheiten versagt. Naturgemäß hat der hier musizierende Brett mit dem Anderson der Suede-Jahre nichts gemein: kein shaking his bits to the hits, keine zappelnde Enghosigkeit, keine Taumelberichte aus dem Leben der traurig Lädierten. Wie könnte er auch, alleine und älter?
Nur begleitet von Piano und Cello gibt Anderson den angeknacksten Dandy, bettet das Köpfchen in der Nachbarschaft von Nebelkrähen auf weiches Moos, lässt sich pulverisieren vom Lächeln der Liebsten und singt über Gartengestaltung: Das vermaledeite Efeu hat den ganzen schönen Rosmarin überwuchert! Seine Stimme aber – manchen absonderlicherweise schon immer ein Quietsche-Graus – hat nichts an trauriger Schönheit verloren. Basierend auf der gimpelhaften Annahme, im Sommer sprängen alle Menschen toastbrotbraun und grinseglücklich durch die Gegend und fänden erst bei kälteren Temperaturen die Zeit für etwas Wehmut, wird man „Wilderness“ sicher gerne als „Musik für den Herbst“ bezeichnen.
Anrührend schlicht und unprätentiös sind diese Lieder, nur mit seinem bitterlich vermisstes Trademark „ssshee-hee“ in „The Empress“ verweist Anderson auf kapriziösere Tage – und mit zeitweiligen Textalbernheiten wie „We’re clowns/ Faces with painted frowns“. Leider sind seine Ideen jedoch zu blutleer und fade, um diese kühne Reduktion über mehr als drei Liederlängen zu tragen. Das Duett mit Polanski-Gattin Emmanuelle Seigner und das leicht schrullige „Funeral Mantra“ sind manierliche Abwechslung, doch der Rest bleibt zu beliebigund gleichförmig. Am Ende leider doch nur: Variationen in Oll.