Buck Owens – Act Naturally :: Umfassender Sammel-Karton mit frühen Werken des Songschreibers
Quizfrage: Was haben Judy Garland, Jimmy Reed und Buck Owens gemeinsam? Antwort: Die Mitschnitte ihrer Carnegie-Hall-Konzerte gehören Zu den legendären Höhepunkten ihrer Schallplatten-Karriere. Nicht weil sie einen Neubeginn markiert hätten wie der Newport-Auftritt von Bob Dylan 1965, sondern weil diese sie für immer in der Form ihres Lebens dokumentierten. Dabei hatte es der Sänger zunächst strikt abgelehnt, dort aufzutreten, weil er der festen Überzeugung war, daß es – 1966! – in ganz New York nicht genügend Country-Music-Fans gebe und ein Auftritt in einem halbleeren Saal seiner Reputation beträchtlich schaden könnte. Er irrte gewaltig. Als ein Jahr zuvor die „Help!“-LP mit diesmal nur noch zwei Cover-Versionen — dem Larry-Wtlliams-Klassiker „Dizzy, Miss Lizzy“ und einem von Rineo gesungenen „Act Naturally“ erschien, outeten sich die Beatles gewissermaßen offiziell als Country & Western-Fans im Allgemeinen und als solche des in Amerika auf demselben Capitol-Label beheimateten Sängers Buck Owens ganz besonders. Hat aber kaum jemand so richtig registriert. Unter Beatles-Fans dürfte der Prozentsatz derer, denen bekannt war, dass es sich bei „Act Naturally“ um einen großen Hit von Buck Owens handelte, trotzdem eher gegen Null tendiert haben. Was Owens‘ Produzent Ken Nelson später stolz erzählte – dass Capitol damals jede neue Platte des Sangeskollegen der Band schicken musste, dem Country-Mann wiederum sämtliche neuen Beatles-Platten -, verschwiegen deren Publizisten eisern.
Obwohl schlichter arrangiert und — egal wie sich George Harrison da mühte — auch nicht so bravourös musiziert, hatten die Beatles ihre liebe Müh mit „Act Naturally“ gehabt. Sie benötigten mehr als ein Dutzend Takes am 17. Juni 1965, bis ihr Produzent mit dem Ergebnis endlich zufrieden war. Eine mutige Entscheidung war dann doch, dass sie den Song zwei Monate danach ins feste Repertoire der nächsten US-Tournee aufnahmen. Aber im Shea Stadium hörte je eh kaum jemand, was sie da sangen. Die Tatsache, dass Owens und sein Gitarrist Don Rieh öffentlich bekennende Beatles-Fans waren (schon bevor die besagten Song aufgenommen hatten), trug ihnen damals wiederum ziemlichen Ärger ein. Man beschimpfte sie verschiedentlich allen Ernstes als Verräter an der wahren Country-Sache. Dabei hatte der – konsequent der ganzen Streichersoße abgeneigt – sich mit seiner Vorstellung von sparsamst arrangierter Honky Tonk-Variante, die dann als Bakersfield-Sound bekannt werden sollte, wenig mit der damals angesagten Nashville-Produktion zu tun.
Seine Sangeskarriere betrachtete er 1958 nach ersten Sessions für Capitol eigentlich schon als beendet. In seiner eigenen Show präsentierte er Heber andere Talente wie etwa die blutjunge Loretta Lynn. Sein Produzent wollte ihn trotzdem nicht aus dem Vertrag entlassen, gab ihm sogar carte blanche, was die Arrangements der nächsten Songs anging.
Owens hatte noch mehr unglaubliches Glück. In Harlan Howard fand er einen kongenialen Songschreiber-Partner. Und seine Karriere als Country-Superstar war besiegelt an dem Tag, als man ihm diesen wunderbar Fiedel und Gitarre spielenden Teenager namens Donald Eugene Ulrich vorstellte. Dieser Don Rieh — das einprägsamere Künstler-Pseudonym — war es, der Jerry Garcia so faszinierte, dass er sich durch Buck-Owens-Platten Zu „Workingman’s Dead“ inspirieren ließ. Steel-Gitarrist Tom Brumley war der andere Virtuose und stilbildendes Idol in Owens‘ Band. Aber Rieh wurde sein musical director und eingestandenermaßen auch so etwas wie sein Alterego. Als Rieh 1974 bei einem Motorradunfall ums Leben kam, war’s das. Als Star der TV-Serie „Hee Haw“ gab das Country-Idol einen Entertainer, der sich zunehmend zum liebenswürdigen, aber eigentlich ohne viel Würde alternden Affen machte. Musikalisch ziemlich am Ende, prostituierte er sich dort nach eigenem Bekenntnis für das viele Geld, das so leicht zu verdienen war.
Selbstrespekt gewann er erst so richtig wieder, als Dwight Yoakam ihn in späteren 8oer Jahren mit auf Tournee schleppte und quasi nötigte, bei all diesen Konzerten zu seinen Honky-Tonk-Anfängen zurückzukehren. Genau die dokumentiert, minuziös auch in den Liner Notes von Rich Kienzle, dieses Set, sprich die erste Hälfte seiner musikalisch kreativsten Jahre, in denen er seinen „freight train sound“ bis zu dem Punkt kultivierte, an dem Bück Owens‘ Uptempo-Nummern unverwechselbar wurden.