Buzzcocks

Buzzcocks

Cherryred

Punk-Pop by numbers: Eine Legende pinkelt ans eigene Denkmal

Neun süperbe, Schrapnellscharfe Singles hauten die Buzzcocks raus in jenen Jahren, als man schon dreimal wöchentlich die wichtigeren Plattenläden ansteuern musste, um nicht hoffnungslos ins Hintertreffen zu geraten: 1977 bis 1979. Wie alle großen Singles-Bands (Shadows, Kinks, Hollies, The Who. T. Rex, Sex Pistols, The Jam) fertigte das Quartett aus Manchester auch LPs, um des Verwertungskreislaufs willen, doch erwiesen sie sich wie bei obigen ab Substanz streckende Maßnahmen, als Verwässerungen der Essenz. Buzzcocks stand für den Dreiminuten-Adrenalinstoß, für subversive 45s, die „Ever Fallen In Love“ hießen, aber „With Someone You Shouldn’t’ve“.

Nun also wieder eine Reunion, nach der von 1993 die zweite schon. Mit einem Album, ohne Single. Mit Pete Shelley und Steve Diggle. Und mit derselben nachgeborenen Rhythmusgruppe wie vor zehn Jahren. Unterlegt mit der kaltklobigen Wucht moderner Rock-Produktion. Die Gitarren fräsen nicht, sie schneiden sich nicht ihren Weg zum Herzen. Nein, sie klingen, als würde man mit einem flachen schweren Gegenstand geschlagen. Mit einem Paddel aus Blei. Das Cover von „Lester Sands“, einst von Shelley mit Howard Devoto verfasst, verdeutlicht den Unterschied zum Propeller-Pop von einst exemplarisch.

Die neuen Songs sind Punk-Pop by numbers, melodisch ins Schema gepresst (man höre „Sick City Sometimes“), lyrisch leider banal („Jerk“). Oder eben so, wie sich klein Fritzchen den harten Rock’n’Roll-Alltag vorstellt: „The switch to double brandies was a big mistake/ Now my mouth tastes like the bottom of a birdcage/ It’s nature’s way of telling me/ That I had better stop.“ Gute alte Mutter Natur. Ein paar Songs sind indes auch gelungen. Das an die langsameren Ramones-Cuts gemahnende „Certain Move“ etwa. Oder das die schnelleren Ramones evozierende „Up For The Crack“. Der Archetypus wird durchaus bedient. Wollen wir also fair sein: „Buzzcocks“ verhält sich zu den Buzzcocks wie George Lazenby zu James Bond.